Ein junger Mann, gerade 25 Jahre alt, geht mit drei Freunden, ebenfalls Fernmeldetechniker wie er, auf eine Sommerreise, von der er, was die anderen nicht wissen, nicht mehr in seine Heimatstadt zurückkehren will. Akribisch hat er, der dort keine Zukunft für sich sieht, seine Flucht aus der Deutschen Demokratischen Republik von langer Hand geplant.
Olaf Hintze, 1964 in Erfurt geboren, flüchtete im August 1989, wenige Wochen vor dem Mauerfall, unter Lebensgefahr über die ungarisch-österreichische Grenze in den Westen. Dem Stefan-Zweig- und Popmusik-Liebhaber war die Welt des Kommunismus – wie so vielen damals – zu eng geworden.
Der Leitfaden sind geliebte – meist im Osten verbotene – Songs, die auch als Kapitelüberschriften fungieren. Diese „Tonspur“ wird oft rein assoziativ gesponnen und verfolgt. Die eigentlichen Liedtexte haben nicht immer wirklich etwas mit Hintzes Leben zu tun, aber er ruft mit ihnen seine Erinnerungen wach. Susanne Krones, 1979 in Amberg geboren, studierte im wiedervereinigten Berlin und lernte Hintze in München kennen.
Seine Geschichte faszinierte sie und so begann die Autorin sie gemeinsam mit ihm niederzuschreiben. Sie zeichnet diese Reise und die erste Zeit in Deutschland in einem atemlosen Erzählstil nach, der viele Fragen aufwirft und zum Weiterdenken auffordert. Was den Einstieg in das Buch etwas schwer macht, ist die ständige Verschachteltung. Man geht von der Reise zurück in die verschiedenen Ebenen von Olaf Hintzes Leben und Planungen vor der Flucht.
So gerät das Erzählerische erst einmal immer wieder ins Stocken. Aber vielleicht sind gerade diese Übergänge wichtig, um das Ganze begreifbar zu machen –vor allem für eine Generation, die die Mauer nur mehr aus Anekdoten und Erinnerungen von Angehörigen und Zeitzeugen kennt. Ein wichtiges Buch – nicht nur für die Jugend –, das auch ausnehmend schön gestaltet und mit eindrucksvollen Fotos ausgestattet ist.
- Susanne Krones/Olaf Hintze: Tonspur – wie ich die Welt von gestern verließ, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2014, ca. 360 S., € 14,95, ISBN 978-3-423-65005-2