Eddie Vedder, sonst als Pearl Jam- Frontmann unterwegs, gibt mit „Earthling“ sein Solo-Comeback. +++ Die Scorpions machen weiter. +++ Fast frech, was sich Blues-Röhre Beth Hart mit „A Tribute to Led Zeppelin“ erlaubt. +++ Wieder einmal unfassbar, was die Briten von Stereophonics mit „Oochya!“ auf die Beine stellen. +++ Dashboard Confessional ist Chris Carrabba. Ein irrwitzig begnadeter Songwriter … +++ Selbstverständlich wird man Tears for Fears immer mit „Everbody wants to rule the world“ in Verbindung bringen.
Eddie Vedder, sonst als Pearl Jam- Frontmann unterwegs, gibt mit „Earthling“ sein Solo-Comeback. Knapp zehn Jahre ist sein letztes Alleinwerk her, umso größer die Gier nach neuem Material. Jetzt müsste noch das Album passen. Tut es aber nur sehr selten. An vielen Stellen hat man den Eindruck, die Begleitband spielt etwas völlig anderes als Vedder singt. Konfus! Mehrfach drängt sich der Verdacht auf, zu episch gewollt an die Sache herangegangen zu sein. Nein, „Earthling“ hat mit Pearl Jam nichts gemeinsam. Und die wenigen überzeugenden Songs wie „Invincible“, „Try“ oder „Power of Right“ wären wohl auf einem Pearl Jam Album besser aufgehoben. Die Restsongs verweilen als Devotionalien an Vedders Helden: „Long way“ grüßt Tom Petty, „Mrs. Mills“ schmeichelt den Beatles, hier und da gibt es Verbeugungen vor dem „Boss“ und natürlich „The Who“, Vedders Heldenband. Ein Album, das man erst in ein paar Jahren lieb gewonnen haben wird. (Republic Records)
Die Scorpions machen weiter. „Rock Believer“ hat den Anspruch, zurück an die Wurzeln zu gehen: Ende 70er, Anfang 80er. Als „No one like you“, „Still lovin‘ you“, „Rock you like a hurricane“ oder „Loving you Sunday morning“ Stadien füllten. Nun, was herauskommt ist die klassische Dilemma- Geschichte zwischen Wunsch und Denken. „Rock Believer“ fährt nur auf zwei, allerhöchstens drei Zylindern. Abgesehen vom Opener „Gas in the Tank“ rumpelt „Rock Believer“ gefällig, aber kaum bahnbrechend dahin. Ein aktualisiertes „Rock you like a hurricane“ ist nicht zu hören. Schade, wie man den Gitarristen Jabs & Schenker den erdigen Sound, den sie durchaus pflegen, produktionstechnisch zugekleistert hat. Die Scorpions als „Rock Believer“? Es ist kompliziert. (Universal Music)
Fast frech, was sich Blues-Röhre Beth Hart mit „A Tribute to Led Zeppelin“ erlaubt. Nimmt die allerbesten Zeppelin-Songs und covert sie mit ihrer brutalen Zestenreibe. Und zwar – das muss man offen zugeben – richtig richtig sensationell. Und sorry, an mehreren Stellen gesanglich besser als das Original. Ja, da können die Zeppelin Fans jetzt hadern, Shitstorms initiieren oder Stühle aus dem Fenster werfen. Wenn je ein Led Zeppelin-Tribute Album eine Berechtigung hatte, dann dieses. Grammy-verdächtig. (Mascot Label Group)
Wieder einmal unfassbar, was die Briten von Stereophonics mit „Oochya!“ auf die Beine stellen. Rockmusik, die jederzeit alle Erwartungen erfüllt: Laut, still, gefühlig, brachial, aufgeräumt, schwammig, scharf, eckig, rund, wohltuend, bräsig oder einfach nur schlicht. Kelly Jones, Gitarrist und Sänger, hat sich zu einem Songflüsterer entwickelt, der alle Geschmäcker abdeckt. Wie auch alle Alben vorher, funktioniert „Oochya!“ als Gesamtwerk, das keine Marketing-Single braucht. Obwohl alle Songs als Single durchgehen würden. Fraglich, warum die Briten in Deutschland nur als Randnotiz existieren. (Ignition Records)
Dashboard Confessional ist Chris Carrabba. Ein irrwitzig begnadeter Songwriter, der nicht nur Songs schreiben kann, sondern diese lebt, fühlt, atmet, leidet und erleidet. „All the Truth That I Can Tell“, das neue Album, macht da keine Ausnahme. Spärlich instrumentiert, wühlt sich Chris Carrabba durch tiefste Seelenqualen und ist anhörlich. Die Frage, die sich selbst glühende Anhänger nach diesem Album stellen müssen, ist allerdings: Wiederholt sich Chris Carrabba nicht langsam? Erstarrt er da nicht gerade in Selbstzitaten? Knifflige Situation. (Hidden Note Records)
Selbstverständlich wird man Tears for Fears immer mit „Everbody wants to rule the world“ in Verbindung bringen. Was für hochbegabte Musiker die Briten sind, wird auf ihrem ersten Album seit 17 Jahren erneut deutlich. „No small thing“ eröffnet das Album „The Tipping Point“ und man bleibt hingerissen zurück. Großartige, mollige Harmonien ziehen Tears for Fears da aus dem Notenkessel. Und lassen sie unabgeholt stehen. Extrem lässig. Zwar biegt der Rest des Albums ab und an gefährlich in die 80er-Popecke ab, doch weil Tears for Fears Könner sind, hat man nie den Eindruck, da wurden zurückgelassene Aufnahmebänder abgestaubt, in die Studer Bandmaschine eingeklemmt und anschließend digitalisiert. Ja, ein Popalbum. Aber mit Anspruch und Haltung. (Concord Records)