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Brubeck, Miles und Monk live 1958

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Jazzneuheiten, vorgestellt von Marcus A. Woelfle
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​​​​​​​Dave Brubeck hat wie Duke Ellington, Benny Goodman und das Modern Jazz Quartet besonders viel dazu beigetragen, dass sich die heiligen Hallen der klassischen Musik dem Jazz öffneten. Am 26. Februar 1958 gab er sein erstes Konzert in Holland in der Concertgebouw Hall. Wer das Konzert aus Manchester vom 20. Februar, das aus Berlin vom 22. Februar oder das aus Hannover vom 28. Februar 1958 kennt, wird bei Brubecks bislang unveröffentlichtem „Debut In The Nederlands“ ein (nennen wir’s einmal) Déjà-entendu-Erlebnis haben: Das gleiche Repertoire, geboten mit der gleichen Souveränität, diesmal vielleicht einen Tick abgeklärter.

Man kann schwerlich behaupten, dass wir zu wenige Mitschnitte dieser legendären Europa-Tournee des Dave Brubeck Quartets besitzen und doch bleibt eine Perle unter vielen ähnlichen Perlen doch eine Perle. Die Konzerte genauer zu vergleichen wäre eine Fleißaufgabe für Jazzhistoriker; sie würde erbringen, dass der Pianist Dave Brubeck, der Altsaxophonist Paul Desmond, der Bassist Gene Wright und der Drummer Joe Morello nie die Flamme der Inspiration in mechanischer Routine ersticken ließen. Erst für diese Tournee war diese klassische Besetzung überhaupt zustande gekommen. Gene Wright hatte sich einen Monat zuvor der Gruppe angeschlossen und wird hier in „The Wright Groove“ herausgestellt. Das Konzert fand noch etwa anderthalb Jahre vor „Take Five“ statt, doch das rhythmische Geschehen in der Band war schon (für die damalige Zeit)  so abenteuerlich, dass Brubeck im Walzer „Someday My Prince Will Come“ aus Disneys „Schneewittchen“ dem 3/4-Takt der Rhythmusgruppe Klavierimprovisationen im 4/4-Takt kontrastierend gegenüberstellt. Das war übrigens einige Zeit bevor der Pianist Bill Evans und der Trompeter Miles Davis das Stück für sich entdeckten. (The Lost Recordings).

Deren gemeinsame, allesamt in den Jahren 1958 und 1959 entstandene Aufnahmen wurden unter dem Titel „Miles Davis & Bill Evans. Complete Studio & Live Masters“ zusammengetragen. Hier hat man wirklich alles mit Ausnahme der alternate takes und false starts beieinander. Sinnvollerweise ist „Kind of Blue“ ganz enthalten, obgleich Evans auf „Freddie Freeloader“ nicht mitspielt; auf 3 CDs findet sich sogar noch Platz für ein Washingtoner Konzert vom 1. November  1958, in dem Red Garland an Stelle von Evans Klavier spielt. Der Jazzfreund findet hier Jahrhundertaufnahmen (an denen auch der Tenorist John Coltrane und der Altsaxophonist Cannonball Adderley mitwirkten), die so berühmt sind, dass sie nicht vorstellungsbedürftig sind, doch einige Rundfunkmitschnitte, etwa das Washingtoner Konzert vom 30. Juni ’58 sind selten genug, dass sich die Anschaffung der sehr preisgünstigen Box lohnt, auch wenn man fast alles im Laufe der Jahre mühsam einzeln zusammengetragen hat. (Fingerpoppin’)

Thelonious Monk, hatte schon in den 40er Jahren wichtige Grundlagen für die Entstehung des modernen Jazz geliefert und schon die meisten seiner berühmten Kompositionen eingespielt, die andere wegen ihrer Kompliziertheit links liegen ließen, auf Platten, die sich eher schlecht als recht verkauften, als plötzlich um 1957 seine „Entdeckung“ gefeiert wurde. Die Auftritte im New Yorker Lokal „Five Spot“ machten den Pianisten, der zuvor kaum Konzerte geben konnte, plötzlich zum Publikumsmagneten. Besucher sahen dann, was in den langen Pausen passierte, wenn Monk mit dem Klavierspiel innehielt, um seinen Kollegen das Feld zu überlassen. Er stand dann immer auf, wanderte auf der Bühne herum und vollführte eine Art Bärentanz. Monk konnte auf diese Weise feststellen, ob seine Musik richtig swingte. Am 9. Juli und am 7. August 1958 nahm die Plattenfirma Riverside im Five Spot zwei Live-Platten auf. „Little Giant“ Johnny Griffin, ein Musiker der schneller spielte als viele mitdenken können, und das noch dazu sinnvoll, einfallsreich und mit einem prächtigen Sound, bildete (wie vor und nach ihm John Coltrane) eine großartige Kontrastfolie zu Monk, der eher zum Reduktionismus neigte. „Thelonious in Action“ und „Misterioso“, an denen Ahmed Abdul-Malik (b) und Roy Haynes (d) mitwirkten, wurden zwei der besten Live-Alben Monks. Der Doppelsilberling „Complete Live At The Five Spot“ vereinigt beide Alben und bietet gegenüber den Original-LPs zusätzliches Material der Konzerte, etwa mit Art Blakey an Stelle von Haynes. (Essential Jazz Classcis).

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