Schon zu Beginn des Jahres häufen sich die Songwriter-Alben. Das wird jene freuen, die sonst gerne jammern, dass das Songschreibertum in Deutschland zu selten besprochen wird. Anbei ein paar wohl extrahierte Schmacht-Tipps.
Aidan John Moffat. Ein Name gleich einem Gedicht. Den strebsamen Lesern dieser Kolumne vielleicht noch als Teil des schottischen Depri-Songwriter Duos „Arab Strap“ bekannt, das sich 20007 tränenreich auflöste. „I can hear your heart“ nennt sich sein erstes Soloalbum der „Arab Strap“-Nachzeit. Es ist unvergleichlich genial. Was Moffat fabrizierte, klingt simpel: Eine musikalische Autobiographie. Überbordende Orchester, impulsive Streicher oder klassische Swingmusik der alten Zeit bilden die Grundlage seiner Geschichten. Er erzählt nämlich tatsächlich. Schottisch, nasal und zynisch. Über sich, seine Jugend und andere Sachen. Musik, die fast keine geworden wäre. Letztlich aber glücklich macht. Ein modernes Hörbuch. Dringend empfehlenswert (www.aidanmoffat.co.uk
Gute acht Jahre liegt das letzte Album mit eigenen Songs von zurück. Dazwischen gab es das „Canadian Songbook – Hymns of the 49Th Parallel“; sonst leider wenig. „Watershed“ entschädigt in vollen Zügen. Warm, entspannt und redlich klingen die Töne, gut situiert zwischen Folk, Blues und Songwriting. Ihre Stimme unaffektiert schmeichelnd, rauchig und gewinnend. Ihre Songs prägnant, nie zuviel, selten zu wenig. Eine Songwriterin, der man stets und ebenfalls dieses Mal unbedingt zuhören sollte (www.kdlang.com
Vermutlich bereits jetzt ein Album des Jahres: Grayson Capps „Songbones“. Fans kennen das 2003 in geringer Stückzahl (5.000) veröffentlichte Werk freilich. Doch nun wurde die fünfstündige Akustiksession Capps zusammen mit Tom Marron (Violine) neu veröffentlicht. Es ist eine Kultplatte. Nur mit Akustikgitarre, Stimmgewalt und ein paar Streichern zaubert Capps eine einzigartige Atmosphäre ins Wohnzimmer, Auto oder in die schummrige Kneipe um die Ecke. Blues aus tiefster Seele, Folk mit Empathie und eine Inbrunst, die an manchen Stellen der Songs vor Ehrfurcht erstarren lässt. Unglaublich schön (www.graysoncapps.com
Seth Walker steht mit seiner selbst betitelten Songsammlung als nächster vor der Tür. Der Amerikaner grinst zu Recht selbstbewusst vom Cover, denn wie er und seine Band Blues interpretieren, grenzt an Sagenhaftigkeit. Dabei beherrschen sie die schmutzige Gitarrenarbeit, kommen nie in Verlegenheit den Blues blasphemisch zu beschreiben und sind vorzügliche Könner des gefühlten Blues. Walker dirigiert mit Gitarre und viel mehr Stimme, als man dem zarten Gesicht auf der CD Hülle zutrauen möchte. Wirklich ein wunderbares Album, das nie langweilig wird und durch treuherzige Offenheit besticht (www.sethwalker.com
Bunt wird es mit Jerry Gonzales. „Rumba Para Munk“ hält, was der Titel verspricht. Eine wilde, fast erotische Mischung aus Rumba, Bebop und Latin Music. Unterfüttert mit vielen Trompeten, Congas und witzigen Pianoläufen, die das Temperament dieser Musikrichtung wiedergeben. Interessant ist an diesem Album, dass Gonzales zu keiner Zeit banal wirkt, sondern stets eine Überraschung parat hat. Begleitet wird er unter anderem vom Milesbeeinflussten Trompeter Carter Jefferson oder Larry Willis am Piano. Es lebe die Freude und der Rum! (www.sonnysidezone.com
Bevor es langweilig wird, haben sich die Global.Kryner entschlossen, mit „Weg“ das Verwursten altgedienter Pop- und Rocksongs im „Oberkrainer Bierzeltstil“ einzustellen und eigene Songs zu schreiben. Lediglich zwei kubanische Klassiker (u.a. Besame Mucho, was sonst?) stehen neben den sieben Eigenkompositionen. Die sind gut gemeint, suchen ambitioniert und händeringend nach Humor, finden allerdings nur den Wegbegleiter „Kalauer“. Musikalisch eindrucksvoll, aber in der A-Note leider spröde. Schwung ist anders (www.globalkryner.at
Diskografie
Aidan John Moffat – I can hear your heart (01.02.08, Chemikal Underground)
k.d. lang – Watershed (Warner, Januar 2008)
Grayson Capps – Songbones (Hyena, 25.01.2008)
Seth Walker – Seth Walker (Hyena, 25.01.2008)
Jerry Gonzales – Rumba Para Munk (Sunnyside, 11.01.2008)
Global.Kryner – Weg (Lawine, 18.01.2008)