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Der Gesang des Violoncellos

Untertitel
Neue CD von Patrick und Thomas Demenga
Publikationsdatum
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nmz 2000/10 | Seite 20
49. Jahrgang | Oktober

Rezensionen

Der Gesang des Violoncellos

Neue CD von Patrick und Thomas Demenga

Jean Barrière, Alexander Knaifel, Roland Moser u.a.: Lux aeterna; Patrick und Thomas Demenga, Violoncello. ECM New Series 465 341-2

Das ewige Licht leuchte ihm, dem nie versiegenden Gesang des Violoncellos: Nach ihrem Doppelalbum „12 Hommages à Paul Sacher“ (1995) haben die viel gepriesenen Cello-Brüder Patrick und Thomas Demenga mit „Lux aeterna“ ihre erste Duo-Einspielung bei ECM vorgelegt. Und obwohl die hier versammelten, vorwiegend ersteingespielten Kompositionen von B (Barock: hier Barrière) bis M (Moderne: hier Moser) in ihrer grundsätzlich experimentellen Konzeption die artifiziellen Möglichkeiten instrumenteller Techniken in jeder erdenklichen Weise ausreizen, wird der instrumentale Gesang, die klassische Kantilene keineswegs zu Grabe getragen – vielmehr als eine Art innere Bestimmung des Cellos immer wieder angesteuert, gewissermaßen neu geboren als sinnstiftender Mittelpunkt der Musik, der ein die Jahrhunderte unter einem Bogen aufspannendes Musikdenken möglich macht.

In „Lux aeterna für zwei Psalm Sänger“ des 1943 in Taschkent geborenen Komponisten und Rostropowitsch-Schülers Alexander Knaifel etwa, das sich in seiner reduzierten Linearität, seinen ritualisierten Formmodellen und Bicinienstrukturen bis in die Anfänge der Mehrstimmigkeit zurücktastet. Im Alternieren zwischen in höchster Lage geführten Stufengängen und psalmodierenden Männerstimmen entsteht hier eine Musik der gelassenen Extreme, die im Kontrast eigenwillige Analogien evoziert und zum Schluss quasi in die Ein-Stimmigkeit zurückmündet. Oder Roland Mosers krude „Wendungen“ als lustvoll ausgespielte Rückentwicklung historischer Elemente, die experimentelle Aktionsfelder in einen finalen Cello-Gesang münden lassen, der alle vorhergehenden Augenblicke in sich aufnimmt, in der klanglichen Sinnlichkeit den Klang-Sinn erschließt.

In diesem Kontext muss sich die zehnte Sonate des 1705 geborenen Jean Barrière in ihrer konventionellen Tonalität, ihrem tänzerisch-eleganten Gestus erst legitimieren (die Demengas leisten Vorschub durch eine zwar historisch fundierte, dem improvisatorischen Umfeld gemäß aber doch sehr freie Lesart): Im Melodiepart des Adagio filigrane Versonnenheit, ins Haltlose driftend; im Prestissimo-Finale motorische Bewegung, die in ihrer Vorwärtstendenz ins Ziellose zu fallen droht – und, aha! – ein Adagio-Rezitativ gebiert, das dem vom Geschehen verschlungen zu werden drohenden Subjekt die rettende Reflexion ermöglicht.

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