Kurz: Oh mein Gott. 50 Jahre ZZ Top. Dazu muss man eigentlich nicht mehr sagen. +++ Mit Fug und Recht darf man behaupten, dass The Black Keys in Europa eine Außenseiterrolle innehaben. +++ Auch die britische Rockband Feeder fristet in Deutschland ein kleines Schattenleben. +++ Die Kaiser Chiefs sind mit „Duck“ zurück. +++ Bon Iver als Band zu bezeichnen hat noch nie gegriffen.
Oh mein Gott. 50 Jahre ZZ Top. Dazu muss man eigentlich nicht mehr sagen. Nur nachdenken. Wohin die Zeit ist. Wo man stecken geblieben ist. Was vorbei ist. Egal. Nun heißt es mitfeiern. Mit ZZ Top. Die fünfzigjährige Werkschau „Goin’ 50“ sei dabei als Partysoundtrack empfohlen. Selbstverständlich mit all den ZZ Top Hits des Mainstreams (Legs, Gimme all your lovin’, Sleeping Bag). Aber dieses hervorragende Blues-Trio auf ihre kommerziellen Erfolge festzunageln wäre sehr ungerecht. Wunderbare, vielen Menschen (Fans ausgenommen) sicher unbekannte Blues- und Bluesrockperlen gibt es auf dem Album ebenso zu hören: It’s only love, She’s just killing me, Fearless Boogie oder Cheap Sunglasses. Anspieltipp: ausnahmslos alles. (Warner)
Mit Fug und Recht darf man behaupten, dass The Black Keys in Europa eine Außenseiterrolle innehaben. Das ist schade, denn auch das neue Album „Let’s rock“ ist so ein typisch untypisches Black Keys-Album, das rockt, knarzt, zerrt, rumort, bröckelt und rudert. Innerhalb weniger Sekunden schaffen es The Black Keys die Siebziger mit den 2020er-Jahren zu vereinen. Bluesriffs kratzen am Tor zur Hölle, verzerrte Vocals ziehen an den Haaren und irgendwo aus den Untiefen der Zweimannband kommt der Rhythmus. Dieser verdammte Rhythmus der Black Keys, der dich nicht ruhig halten lässt, der dich so akzeptiert, wie du bist, und der keine Angst vor der Zukunft hat. Mag sein, dass The Black Keys schon lauter waren. Aber Rhythmus ist eben das neue Laut. Anspieltipps: Lo/High, Tell me lies, Fire walk with me. (Nonesuchrecords)
Auch die britische Rockband Feeder fristet in Deutschland ein kleines Schattenleben. Dabei ist das Genre „Alternative Rock“ fest mit ihrem Namen verbunden. Mit „Tallulah“ stellen sie ihr zehntes Album vor, so schlecht kann das also nicht sein, was Feeder da anbeten. Wie immer liefern Feeder auch auf „Tallulah“ das oft und viel zitierte „Brett“ ab. Ein Gitarren- Wahnsinn, auf den Punkt gesägt. Der Rest ist grundsolides Songwriting, das den hymnischen Refrains frönt, das eher mal nach Moll tönt und es schafft, Klischees zu umsegeln und das Eingängige mit diversen Synthie- und Keyboardspielereien gefügig macht. Anspieltipps: Youth, Rodeo, Shapes and Sounds. (Believe Digital)
Die Kaiser Chiefs sind mit „Duck“ zurück. Dazu muss man sagen. Es gibt Popbands, die nerven. Vor allem, wenn man sich Ecken und Kanten und Seriosität erschleichen will. Die Kaiser Chiefs nerven definitiv nicht. Natürlich bleibt das alles oft und wie bekannt ziemlich hektische Frickel-Popmusik, vor allem wenn es fröhlich wird. Aber gleichzeitig ist das so aufgeräumt und klar, dass einem alleine der Bläsersatz in „Wait“ die Tränen der Rührung in die Augen treibt. Und „Target Market“, das man irgendwie dann doch als Mini-Ballade einordnen darf, mischt sich so zynisch und subversiv unter das Album, dass man fast ergriffen lauscht und anerkennend nickt. Die Kaiser Chiefs beherrschen eben diesen Fluss aus Pop, Britpop, Disco und setzen den Moll- Akkord stets an die richtige Stelle um die Belanglosigkeit zu entkommen. Respekt. Anspieltipps: People Know How To Love One Another!, The Only Ones, Lucks Shirt. (Polydor Records)
Bon Iver als Band zu bezeichnen hat noch nie gegriffen. Mastermind, Sänger, Gitarrist und Organist Justin Vernon versammelt in mehr oder weniger unregelmäßigen Abständen Freunde und Musiker um sich. Und nimmt Alben auf, die die Bezeichnung „Songwriting“ noch verdienen. Basis des Ganzen bleibt auch auf dem aktuellen Album „i,i“ die simple Folkmusik. Die man zugegebenermaßen nur noch selten explizit heraushören kann. Aus all den Fragmenten, Brüchen und Versatzstücken, die letztendlich doch einen Song darstellen. „i,i“ erinnert uns in vielen Momenten sehr deutlich daran, dass der Winter naht. Wobei melancholisch jetzt fast schon wieder die falsche Bezeichnung wäre. Ehrlich kommt das eben daher. Und wenn wie auf „Faith“ ganz hinten und fast unerkannt und verschämt die Akustikgitarre schrammelt, der Refrain mit elektronischen Beats und Appetithäppchen unterstützt wird, bekommt man langsam aber heftig ein Gefühl für die Größe und Wirkung dieser Bon Iver Songs und der Idee, die ausgelebt wird. Anspieltipps: Marion, Jelmore, We, Salem. (Jagjaguwar)