Murray Perahia (Klavier) spielt Johann Sebastian Bach: Partiten Nr. 2 c-moll, Nr. 3 a-moll & Nr. 4 D-Dur
Sony Classical 88697226952.
Wieder sind mehrere Jahre vergangen, in denen Murray Perahia aufgrund seiner Fingerverletzung nicht auftreten, ja, so gut wie nicht Klavier spielen konnte. Diese Leidensgeschichte ist mittlerweile dem kollektiven Gedächtnis des Klassikpublikums eingeschrieben und wir hoffen alle, dass diese Katastrophe damit abgeschlossen sein möge. Perahia selbst bewältigt sein Schicksal mit bewunderungswürdiger Hingabe. Doch wer, wenn nicht er, sollte heute in der Lage sein, uns solch meisterliche Aufführungen Bach‘scher oder auch Mozart‘scher Musik zu schenken? Perahia (aus dem Hebräischen, heißt die ‚Blume Gottes’) hat die Zeit, in welcher ihm die praktische Ausübung seines Berufs verwehrt blieb, genutzt, um noch tiefer in die Musik einzudringen. Sein Spiel, ohnehin gezeichnet von einem erstaunlichen Grad überpersönlicher Objektivierung und Transzendenz der rhythmisch-metrischen und melodisch-harmonischen Vektoren, lässt ohne Künstelei alle Primitivität taktweiser Strukturen weit hinter sich, fesselt als organisch in allen Aspekten sich zu einem lebendigen Ganzen bündelnder, schöpferischer Akt. Dabei ist seine Haltung – im besten Sinne – noch nüchterner, gelassener, gleichmütiger geworden. Dies geht Hand in Hand mit erlesenster artikulatorischer Finesse, höchster klanglicher Verfeinerung und jede Faser durchdringender Vitalität, die in ihrem Selbstverständnis keines Gramms ‚interpretatorischer’ Eigensinnigkeit bedarf. Dieses Musizieren ist andererseits in bestechender Natürlichkeit persönlich, unverwechselbar, in diesem durch nichts zu stoppenden, stets höchst differenziert perlenden Fließen, der kraftvoll pulsierenden Schwerelosigkeit, der sachlichen Innigkeit, der Kontinuität des endlos schattierten Ausdrucks. Perahia ist ein Medium der Musik Johann Sebastian Bachs, als würde er zugleich immerzu erinnern: „Sein (Bachs) Wille geschehe.“ Und Bach, dieser Gott der Musik, lebt in der alltäglich geträumten Realität seiner dionysisch-apollinischen Janusköpfigkeit. Überlässt sich der Hörer bedingungslos diesen klanggewordenen Prozessen, so mag er von Vollendung schwärmen, und Perahias unerschöpflich blühende Gestaltung ist von Anfang bis Ende so schlüssig, als könne es gar nicht anders sein.