Hauptrubrik
Banner Full-Size

Ein Album namens Flamingo

Untertitel
Neuveröffentlichungen der Popbranche im Oktober
Publikationsdatum
Body

Goo Goo Dolls, Brandon Flowers, Fran Healy, Nabiha, Yann Thiersen

Lang ersehnt, endlich da. Die neue Veröffentlichung der Goo Goo Dolls: „Something for the rest of us“. In Amerika seit vielen Jahren Superstars, weil sie das Genre „seriöser als Bon Jovi aber unanbiedernder als 3 Doors Down“ beherrschen. In Europa fristen sie dagegen ein Dasein zwischen B- und C-Rockstars. Leider muss man selbst als unobjektiver Verehrer der Goo Goo Dolls feststellen, dass „Something for the rest of us“ den Europastatus nicht ändern wird. Die Schmutzgitarren wurden von Orchesterarrangements übertüncht, unglücklicherweise singt Bassist Robby Takac mindestens einen Song zuviel und Mastermind John Rzeznik hatte schon bessere Songideen. Weniger Schwülstigkeit und mehr Straßenstaub hätte dem Album gut gestanden. Insgesamt etwas unbefriedigend. Hörhinweis: As I am, Notbroken

Brandon Flowers, Frontmann bei The Killers, geht eigene Wege. Abstand von der Band oder überquellende Ideen – wer will das schon wissen? „Flamingo“ wurde ein buntes Album. Das ist ob des Titels und der Aussagekraft freilich platt formuliert. Aber seine Hommage an Las Vegas, für ihn Heimatstadt und Rückzugsort, kann doch nur so ausfallen. Zu hören sind repräsentative Keyboardsounds zwischen Dancefloor und tanzbarem Rock. Stimmlich variiert Brandon Flowers keineswegs, sondern intoniert in landläufiger „Killers“-Art: traurig-depressiv-melancholisch in gut getarnter Hoffnung. Ein gutes Album, das zweifelsohne den Killers gestanden hätte. Hörhinweis: Hard enough, Was it something I said

Noch so ein Alleingänger. Fran Healy, eigentlich Sänger und Songschreiber der schottischen Band Travis, deren beste Zeiten („Why does it always rain on me“) allerdings Ausgang des letzten Jahrtausends zu verorten sind. „Wreckorder“ schmückt sich mit vielen Beigaben: Piano, Celli, inflationären Akustikgitarren, einem Duett mit Neko Case („Sing me to Sleep“) und einem Basseinsatz von Paul McCartney („As it comes“). Was kommt allerdings am Ende um die Ecke? Ein sehr gutes, manchmal charmantes Songwriteralbum, das von Fran Healys Stimme lebt. Nicht immer ist Traurigkeit Trumpf und so versaut einem „Wreckorder“ den trübsinnigen Herbst nicht noch zusätzlich. Hörhinweis: As it comes, Rocking chair, Buttercups, Holiday

Man sollte sich mit Huldigungen eigentlich zurückhalten. Vor allem im Popgeschäft mit seiner Trendabhängigkeit. Doch was Nabiha mit „Cracks“ abliefert, ist im Bereich des Radiopops nur als Weltklasse zu bezeichnen. Aufgewachsen in Kopenhagen, bringt sie die elterlichen Einflüsse (Marokko, Mali, Gambia) in unaufdringlicher Weise zur Geltung, überzeugt mit eigener Stimme und hat ein grandioses Songwriterteam hinter sich. Das ganze sprudelt in einem unkonventionellen, beschwingten aber nicht austauschbaren Brunnen voller Popsongs und nötigt selbst dem alternativen Rocker mehr als ein überschüssiges Aktionspotential ab. Popsongs mit Duktus, Soul und Sonne. Wird einschlagen. Hörhinweis: Deep Sleep, Cracks in the concrete, If I cared.

Man muss Yann Thiersen, einzigartiger Bretone, Songwriter und Klangvirtuose, gar nicht verstehen. Auch seine Musik, seine Kompositionen und Fragmente nicht. Alles, was man braucht, ist Zeit. Um zum Beispiel „Dust Lane“, sein aktuelles Opus, wirken zu lassen. Und mit der Zeit die selbige zu vergessen. Dann purzeln die Töne wie die Blätter von den herbstlichen Bäumen. „Ashes“ ist so ein Song. Erlösung und Anspannung geben sich die Hand, weichen sich nicht von der Seite und bilden ein musikalisches Traumpaar. Was wieder einmal auffällt: Yann Thiersen packt in jeden Song mehr Herzblut und Seele als Instrumente, Computer und Spielereien. Deshalb sind seine Arrangements durchsichtig, tranparent und klar. Könnte sein, dass Yann Thiersen der musikalischste DJ der aktuellen Musikgeschichte ist. Hörhinweis: Ashes, Till the end.

Diskografie
Goo Goo Dolls - Something for the rest of us (3.9.2010, Warner Music)
Brandon Flowers – Flamingo  (03.9.2010, Island)
Fran Healy – Wreckorder (08.10.2010, Wrekord)
Nabiha - Cracks (24.09.2010, Warner)
Yann Thiersen – Dust Lane (4.10.2010, Mute)

Weiterlesen mit nmz+

Sie haben bereits ein Online Abo? Hier einloggen.

 

Testen Sie das Digital Abo drei Monate lang für nur € 4,50

oder upgraden Sie Ihr bestehendes Print-Abo für nur € 10,00.

Ihr Account wird sofort freigeschaltet!