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John Cage: Music For Three.

John Cage: Music For Three.

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Extended Trios

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Neue CDs neuer Musik, vorgestellt von Dirk Wieschollek
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Nachdem Christopher Dell (Vibraphon), Christian Lillinger (Drums) und Jonas Westergaard (Kontrabass) sich kürzlich mit Tamara Stefanovich als SDLW zu einem explosiven Pointillismus zusammengefunden hatten, greift das Trio in „Extended Beats“ klangfarblich und stilistisch weiter aus. +++ Das „Spätwerk“ von John Cage ist ein Eldorado für variable Besetzungen und ungewöhnliche Klangkonstellationen. Auch ein Horntrio findet da entsprechende Entfaltungsmöglichkeiten +++ Das Innere des Klavieres ist ein bestens erkundetes Terrain auf dem Feld zeitgenössischer Komposition. Das weiß auch Charlotte Seither

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Nachdem Christopher Dell (Vibraphon), Christian Lillinger (Drums) und Jonas Westergaard (Kontrabass) sich kürzlich mit Tamara Stefanovich als SDLW zu einem explosiven Pointillismus zusammengefunden hatten, greift das Trio in „Extended Beats“ klangfarblich und stilistisch weiter aus. Neben Pianistin Stefanovich beleben diesmal Martin Adámek (Klarinette), das Sonar Quartett und einige Mitglieder des Klangforum Wien ein Geschehen, das wie gewohnt bei DLW die Sphären von Konstruktion und Spontanität substantiell zu verbinden weiß. Für Abwechslung ist also gesorgt in diesen 18 oft aphoristisch anmutenden Stücken und das Wort „Beat“ ist dabei nicht zu hoch gegriffen: In „Korbacher Blocks“ (und anderen „Blocks“) verwandeln sich kleinteilig zerstückelte (Poly-)Rhythmen in veritable Grooves, wo das Analytische anfängt zu tanzen. Andere Genealogien von Stücken wie die „Orangerien“ oder „Bellingham I und II“ knüpfen eher flächige Texturen mit sphärischen Timbres. Oft stellt DLW auf dieser zweiten bm-Veröffentlichung den energetischen Maschinenraum bereit für solistische Jazz-Idiome, die scheinbar ungezwungen durch komplexe Trio-Geflechte mäandern. Am Ende all dieser treffgenauen Übereinkünfte (die akustisch optimal abgebildet sind) überrascht raumgreifende Dystopie: Im einzigen Stück mit elektronischer Beteiligung evozieren rauschhafte Klangverdichtungen eine längst überwunden geglaubte Vergangenheit. Der Name sagt alles: „Mutlangen“. (bastille musique)

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Das „Spätwerk“ von John Cage ist ein Eldorado für variable Besetzungen und ungewöhnliche Klangkonstellationen. Auch ein Horntrio findet da entsprechende Entfaltungsmöglichkeiten. Nachdem Premysl Vojta (Horn), Ye Wu (Violine) und Florence Millet (Klavier) die geläufigen Gattungsbeiträge zwischen Brahms und Ligeti erkundet haben, sind sie nun in die freien Potentiale von Cages „Music for“ (1984) abgetaucht: ein offenes Konvolut aus 17 unabhängigen Einzelstimmen für diverse Instrumente, die in ihrer Kombination völlig flexibel sind. Vojta, Ye Wu und Millet bieten hier gleich drei Möglichkeiten einer „Music for Three“ (und einer solistischen „Music for One“) an, die in der Ausgestaltung ihrer offenen Klangmodule allesamt den kontemplativen Duktus betonen und doch immer wieder spannungsvoll von expressiven Setzungen durchdrungen sind. Sie sind nicht nur von der Länge her erstaunlich unterschiedlich, sondern auch agogisch und klangfarblich erfrischend vielgestaltig. Das intensive Aufeinander Hören, Warten, Agieren und Reagieren führt zu immer anderen Vernetzungen und gegenseitigen Raumgebungen. Das öffnet insbesondere in der fast 30-minütigen dritten Variante Räume für die produktiven Momente der Stille. (Avi Music)

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John Cage: Music For Three.

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Das Innere des Klavieres ist ein bestens erkundetes Terrain auf dem Feld zeitgenössischer Komposition. Das weiß auch Charlotte Seither, die eine viel zu erfahrene und klangsensible Komponistin ist, um hier zum x-ten Mal das Rad neu zu erfinden. Kein hyperaktives Rumgefummel also, sondern konzentriertes „Lauschgut“ in Stücken für „(Inside-)Piano“, die einen Zeitraum von mehr als drei Jahrzehnten in vielen Ersteinspielungen abdecken. Dabei geht es Seither zuvorderst um die Verbindung der unterschiedlichen Terrains von Tastatur und Innenraum. Und wie sich diese Ebenen gegenseitig triggern, geht über das Phänomen „Farbe“ hinaus viel tiefer hinein in die kompositorische Substanz. Wie effektiv Seithers Musik auf elementare Klanggesten zwischen fragilen Geräuschnuancen, brüchigen Pulsen und motivischen Fragmenten aus ist, beweisen besonders eindrucksvoll Stücke wie „Itinéraire“ (2005) und „Lauschgut“ (2018/19). Auch die Randklänge von „Ask him!“ (2014), wie auf Steinen gehämmert oder in Gestalt feiner Wisch- und Reibeartikulationen, kommen nie als abgegriffenes Inventar daher, sondern immer auf den Punkt. Dass das alles so ist wie es ist, hat natürlich sehr mit der subtilen Gestaltung von Clemens Hund-Göschel zu tun, der diesen Doppelwesen aus „pitch“ und „noise“ den nötigen Raum zur Entfaltung gibt, sich Zeit nimmt für feine Schattierungen, aber auch die markanten Kontraste dieser Musik auskostet. (Kairos) 

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