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Franz Schrekers dirigentisches Vermächtnis

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Franz Schrekers Schaffen als Dirigent in den Jahren 1923 bis 1933 umspannt den Wechsel von den akustischen Trichteraufnahmen zu frühen elektrischen Aufnahmen und ersten Versuchsaufnahmen des Rundfunks. Seine Spätfassung der Ballettversion von Oscar Wildes Märchen „Der Geburtstag der Infantin“ hat er im Jahresabstand mit dem Orchester der Staatsoper Berlin sogar zweimal aufgenommen, im Jahre 1926 und erneut am 17. Februar 1927. Daher ist diese Einspielung noch relativ häufig in Schallplattenantiquariaten zu finden. Und auf Flohmärkten stößt der Sammler häufiger auf Teile der Orchestersuiten zu Griegs „Peer Gynt“ und Bizets „L’Arlesienne“. Auch die „Arlesienne“-Suite hat Schreker zweimal eingespielt, 1926 mit dem Orchester der Staatsoper Berlin und 1928 mit dem Philharmonischen Orchester Berlin. Die britische Gesamtedition beim Label Symposion gestattet nun den Vergleich der wiederholt erfolgten Interpretationen des Dirigenten Schreker, aufschlussreich nicht nur für den Fortschritt der technischen Möglichkeiten der Aufnahmetechnik, sondern auch für Schrekers orchestralen Umgang mit dem neuen Medium.

Weitaus seltener findet der Musikfreund im antiquarischen Schellackhandel Schrekers Einspielungen seines Tanzspiels „Rokoko“, einer Komposition aus dem Jahre 1908, die Schreker 1920 revidiert und 1926 mit „Mitgliedern der Kapelle der Staatsoper Berlin“ aufgenommen hat. Und noch rarer dürfte die zwei Jahre vor Schrekers Tod, 1932 eingespielte „Kleine Suite für Kammerorchester“ sein, deren fünf Sätze den Komponisten, jenseits des Klangrausches seiner Opernpartituren, als einen Meister der formalen Vielfalt zeigen. Die drei CDs dieser Edition enthalten auch zwei bislang unveröffentlichte Lieder, die Maria Schreker im Januar 1930 mit Orchesterbegleitung eingespielt hat, das russische Volkslied „Roter Sarafan“ und das „Russische Wiegenlied“ von Irving Berlin. Beide Einspielungen verfügen über keine Angabe von Orchester und Dirigent; dass ihr Gatte Franz Schreker der Dirigent dieser Aufnahmen war, ist nicht auszuschließen, aber doch eher unwahrscheinlich. Die technische Qualität folgt naturgemäß den historischen Tonträgern. Zwar musste Schreker seine gewaltigen Orchester für die Aufnahmen reduzieren, gleichwohl wusste der Dirigent die Klangvielfalt seiner Partituren auch auf dem neuen Medium deutlich zu machen.

Die dankenswerte und wichtige Publikation enthält im Beiheft einen Essay des Schreker-Biographen Christopher Hailey, nebst einer Reihe von Fotos des Komponisten als Dirigent und Erzähler vor dem Rundfunkmikrophon.

Franz Schreker: Der Geburtstag der Infantin; Tanzspiel Rokoko; Kleine Suite für Kammerorchester; „Der ferne Klang“: Waldszene und nächtlicher Reigen; „Das Spielwerk“: 18. Szene; „Die Gezeichneten“: Erklärung der Carlotta; „Der Schatzgräber“: Wiegenlied der Els; Grieg: Peer-Gynt-Suite; Bizet: L’Arlesienne-Suite; Maria Schreker (Sopran), Charles Kullmann (Tenor), Orchester der Staatsoper Berlin, Philharmonisches Orchester Berlin, Orchester und Chor des Reichs-Rundfunks, Franz Schreker.
Symposion 1271/1272/1273 (3CDs) AAD

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