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Friedrich Gulda

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Ein ganzer Künstler wollte Friedrich Gulda (1930-2000) sein. Seine Sinne suchten in eigener Seele und eigenem Verstand ein angemessenes Gegenüber: die Musik als universales Medium. Der gefeierte Interpret klassischer Werke von Mozart, Beethoven und Schubert suchte sich selbst, doch fast resigniert meinte Friedrich Gulda: „Ich bin ein Wanderer“ und Schmidt von Lübeck zitierend: „Ich bin ein Fremdling überall.“

Er verwirrte und verärgerte die Klassik-Szene, indem er sich Klischees und Konventionen verweigerte. Indem er etwa in seinen von ihm selbst produzierten Aufnahmen mit Mozart-Sonaten das Clavinova (ein elektrisches Klavier) zur freien Begleitung einbezog. Als einzelne synthetische Violinparts und gar mit Schlagzeugeffekten im „Rondo alla turca“ der A-Dur Sonate oder die Arpeggios der F-Dur Sonate mit anderen Klangfarben dekoriert. Mozart hat solche Improvisationen selbst auch gemacht, meinte Gulda, und fühlte sich vom Komponisten selbst legitimiert. Weitere Eigenwilligkeiten zeigt sein Konzeptalbum „The Complete Musician“, die persönliche „Wandererfantasie“ des Friedrich Gulda durch Musiklandschaften. Die Reise beginnt impressionistisch mit „Gaspard de la nuit“ von Ravel, für Friedrich Gulda eine Reflexionsfläche, die ihn aufs weitere Programm vorbereitet. Bereits hier ist seine radikale Subjektivität deutlich, denn Ravels Komposition ist nicht für sich wesentlich, sondern als Stimulans für die eigene Kreativität. Zum „Ondine“-Satz bemerkt Gulda: „Ihr verführerischer Gesang umfängt mich, aber ich selber bin es, der ihn hervorbringt. Ich lausche, bin ganz Ohr, ganz Ravels Medium.“

Also, der Wiedererkennungswert ist wichtig, so auch bei Schuberts „Sonate für Klavier“, deren Rondo wie ein Boogie-Woogie swingt. Womit ein Übergang zu einer anderen Klanggegend geschaffen ist, nämlich dem Jazz, zu dem Friedrich Gulda unangestrengt während einer „Night in Tunesia“ wechselt. Im Trio mit Wayne Darlings (b) und Erich Bachträgl (dr) huldigt er nicht nur Dizzy Gillespie, sondern setzt ihm mit Improvisationen auf der Altblockflöte einen sehr persönlichen Hut auf. Darüber hinaus ist dieser Bebop-Standard ein Hinweis auf Guldas Interesse für orientalische Musik, wie in seiner „Arabisch-zigeunerischen Fantasie“ ziemlich avantgardistisch zu hören ist. Als Komponist blieb Gulda in tonalen Bezirken, lotete aber etwa Glissando-Effekte oder Zimbalon-Imitationen am Clavicord aus. Auch seine „Übungsstücke“ sind vom Jazz geprägt, ähnlich den „Play Bach“-Bearbeitungen von Jacques Loussier.

Bemerkenswert ist, dass Friedrich Gulda gerade Johann Sebastian Bach mit fünf Kompositionen ins Zentrum seines Selbstporträts rückte, weil Bach „der aufgeschlossenste, weithörigste, internationalste Musiker seiner Zeit“ war, „alle Grenzen überschreitend“. Der verehrte Meister wird sich darüber nicht immer gefreut haben, insbesondere als Gulda sich mit wackelnder Intonation an der Flöte die „Sonate für Altblockflöte und Basso Continuo“ im Playbackverfahren aneignete. Da bröckelt doch die Glaubwürdigkeit, auch wenn sein Enthusiasmus einiges verschleiert. Zu bewundern bleibt die Konsequenz, mit der Friedrich Gulda seinen Weg ging, über den er im Begleittext zu diesem Album denkwürdige Auskünfte gibt. Wer sich allerdings nicht mit solchen Abschweifungen anfreunden kann, sollte sich die subtilen Interpretationen der „5 Klavierkonzerte von Beethoven“ mit den Wiener Philharmonikern und Dirigent Horst Stein anhören.

Diskografie

  • Friedrich Gulda: The Complete Musician; Friedrich Gulda, Klavier/Clavichord/Alt- u. Bassblockflöte
    Amadeo 472 83225-2 (3 CDs), Vertrieb: Universal
  • Ludwig van Beethoven: Die 5 Klavierkonzerte; Friedrich Gulda: Klavier/ Wiener Philharmoniker, Ltg.: Horst Stein
    Decca 466 427-2 (3 CDs), Vertrieb: Universal
  • Mozart Lives! Sonaten A-Dur (2 Versionen), B-Dur, F-Dur und e-Moll (letzte Mozart-Aufnahme Guldas); Friedrich Gulda: Klavier und Clavinova
    Amadeo 986 535-0 (2 CDs), Vertrieb: Universal

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