Zu gewichtigen Jahrestagen schießen Tribut-Alben wie Pilze aus dem Boden. Man nehme einige bewährte Songs eines Sympathieträgers und hat automatisch einen roten Faden im Repertoire, alle Aufmerksamkeit für sich und wohl auch mehr Absatz als sonst. Es scheint so leicht – und ist so schwer! Wer ein Genie lediglich imitiert, wird unerbittlich neben dem Original auf die Waage gelegt und für zu leicht befunden. Und wer unter der Flagge eines Größeren zu viel Eigengepräge zeigt, erntet oft auch Undank, denn schließlich wollen die meisten Hörer das Immergleiche, nur eben anders. Zwei rundum gelungene Hommagen stammen von Vokalisten, die nicht nur zwei Generationen jünger sind, sondern auch dem jeweils anderen Geschlecht angehören.
Billie Holiday sei seine musikalische Mutter, hat José James bekannt. Wer nur seine rockigen, souligen, funkigen und hiphoppigen Alben der letzten fünf Jahre kennt, wird sich erst mal die Augen reiben, wenn er den Titel „Yesterday I Had The Blues. The Music of Billie Holiday“ liest, um sich dann zu überzeugen, dass der Mann, der nicht als Jazzsänger abgestempelt werden möchte, nicht etwa singt, was er gestern aus dem Real Book gefischt hat. Jeder Song ist ihm so innig vertraut, so ans Herz gewachsen, dass ihm, von Jason Moran (p), John Patitucci (b) und Eric Harland (d) feinfühlig begleitet, nuancenreiche Interpretationen von Klassikern wie „Good Morning Heartache“ und „Lover Man“ gelingen, deren Schliff und Eleganz vielleicht momentan verdecken, wie tief sie auch empfunden sind. Eher verhalten ans Werk gehend verzichtet er wie „Lady Day“ auf Scatgesang und verlässt sich ganz auf die Wirkkraft der Worte und der subtil abgewandelten Melodien. Wo aber Billie Holiday mit im Laufe der Jahre immer rauer klingender Stimme mit diesem Repertoire erschütterte, klingt James schlicht glücklich. Sie versetzt dir Stiche ins Herz, er streichelt mit seinem samtenen Bariton zärtlich und sanft die Seele. Weich und warm wie in Watte gepackt kann man den Schmerz auch leichter nehmen. Blues war ja auch gestern … (Blue Note).
„All I want to do is sing and make people happy“, hat Nat King Cole einmal gesagt. Das ist auch die Einstellung von Barbara Bürkle, die an der Musik Nat King Coles Eigenschaften wie Leichtigkeit, Wärme, Humor bewundert – Eigenschaften auch ihrer eigenen Kunst. Ihre Lebensfreude ist ihr stets anzuhören. In Zeiten des Pseudobedeutungsschweren und Zornig-Zerquälten verkörpert die schwäbische Sängerin, was Clark Terry „the power of positive Swinging“ nannte. In ihrer sonnigen Art eine deutsche Ella, in der sanften Geschmeidigkeit ihrer klaren Stimme ein weiblicher Mel Tormé, hat sie mit der Band „Swingin’ Woods“ für „A Tribute To Nat King Cole“ ein federleicht swingendes Quartett um sich geschart, das ähnlich wie das legendäre Nat King Cole Trio besetzt ist, wenn es auch eher an das von Oscar Peterson aus den frühen 50er-Jahren erinnert: Jens Loh (b), Lorenzo Petrocca (g) und Thilo Wagner, womit die in einem Cole-Projekt so wichtige Klavierstimme nicht nur mit ihrem Gatten, sondern mit einem der swingendsten deutschen Klaviervirtuosen überhaupt besetzt ist. Natürlichkeit und Spontaneität gehen Hand in Hand mit Raffinesse und Virtuosität. Scheinbar abgedroschene Songs wie „Unforgettable“ oder „It’s Only A Paper Moon“ erklingen in einer Frische, entfalten einen Charme, dass sie immer wieder aufs Neue verzaubern. (mochermusic)