Vor dieser Publikation gab es bereits ein Buch über die Frauengestalten bei Richard Wagner, aber erstaunlicherweise keines über seine Heldenpartien. Diese Lücke schließt eine neue Publikation geradezu meisterlich: Mit bewundernswerter Akribie hat der langjährige Musik- und Opernredakteur des Senders Freies Berlin, Einhard Luther, ein Kompendium der Wagner-Tenöre verfasst, dessen erster Band mit 386 Seiten jetzt vorliegt. Munter, wie er am Mikrofon zu plaudern pflegte, so schreibt Luther, und so vergnüglich liest sich auch das sachlich und wissenschaftlich bestens fundierte und darüber hinaus auf jeder linken Seite trefflich bebilderte Buch im Format früherer Langspielplatten. Der sängerkundige Autor vermag stimmliche Besonderheiten, Qualitäten und Schwächen der Heldentenöre verbal anschaulich, ja geradezu hörbar zu machen. Den Heldentenor, ein Fachbegriff, den Wagner nicht erfunden, aber erst mit wirklichen Anforderungen erfüllt hat, bezeichnet Luther als Doppelstimmfach, dem Bariton ebenso verwandt wie dem Tenor, wie denn in Wagners Heldenpartien weniger hohe als tiefe Cs vorkommen. Natürlich zeichnet ein solches Buch auch ein besonderes Bild des Komponisten: Wagner erscheint hier als verhinderter Solist seiner Opern, als Meister des Mobbing und als erfolgreichster Marketing- und Werbemanager des 19. Jahrhunderts. Ein Anhang nennt sämtliche Premieren der Tenöre der Wagner-Zeit und auch ein Literatur- und Personenverzeichnis fehlen nicht. Als Sensation darf gewertet werden, dass es Luther gelungen ist, aus der allerersten Zeit des Wagnergesanges, zu Lebzeiten des Komponisten, noch zwei Aufnahmen beizusteuern, die dabei ihre Erstveröffentlichung erfahren: Hermann Winkelmann (1849–1912), Wagners erster Parsifal, der im Jahre 1891 auch den Tannhäuser auf der Bayreuther Bühne verkörpert hat, singt mit Klavierbegleitung eine Strophe des Liedes an die Venus, eine sängerisch enttäuschende Leistung. Der Schriftsteller, Komponist, Sänger und Korrepetitor Adolf Wallnöfer (1854–1946), der bei der Aufführung der Neunten Symphonie zur Grundsteinlegung des Festspielhauses im Jahre 1872 unter Richard Wagners musikalischer Leitung noch als Chorbass sang, dann als Assistenz zu Wagner Bayreuther „Nibelungen-Kanzlei“ gehörte und später in Angelo Neumanns Richard-Wagner-Theater auch die Heldenpartien verkörperte, gestaltet auf der Erstveröffentlichung – arg bemüht – das Schmelzlied des Siegfried. Als Wagner starb, so Luthers Fazit, „stand die Zeit der großen Heldentenöre noch bevor.“
Einhard Luther: So singe, Held! Biographie eines Stimmfaches. Teil 1: Tenöre der Wagnerzeit (1842–1883); Edition Omega Wolfgang Layer, Trossingen 1998; mit 1 CD: Sie sangen unter Wagners Leitung: Hermann Winkelmann (Parsifal 1882), Adolf Wallnöfer (Chorführer 1872 bei der Grundsteinlegung des Festspielhauses) AAD Vor dieser Publikation gab es bereits ein Buch über die Frauengestalten bei Richard Wagner, aber erstaunlicherweise keines über seine Heldenpartien. Diese Lücke schließt eine neue Publikation geradezu meisterlich: Mit bewundernswerter Akribie hat der langjährige Musik- und Opernredakteur des Senders Freies Berlin, Einhard Luther, ein Kompendium der Wagner-Tenöre verfasst, dessen erster Band mit 386 Seiten jetzt vorliegt. Munter, wie er am Mikrofon zu plaudern pflegte, so schreibt Luther, und so vergnüglich liest sich auch das sachlich und wissenschaftlich bestens fundierte und darüber hinaus auf jeder linken Seite trefflich bebilderte Buch im Format früherer Langspielplatten. Der sängerkundige Autor vermag stimmliche Besonderheiten, Qualitäten und Schwächen der Heldentenöre verbal anschaulich, ja geradezu hörbar zu machen. Den Heldentenor, ein Fachbegriff, den Wagner nicht erfunden, aber erst mit wirklichen Anforderungen erfüllt hat, bezeichnet Luther als Doppelstimmfach, dem Bariton ebenso verwandt wie dem Tenor, wie denn in Wagners Heldenpartien weniger hohe als tiefe Cs vorkommen. Natürlich zeichnet ein solches Buch auch ein besonderes Bild des Komponisten: Wagner erscheint hier als verhinderter Solist seiner Opern, als Meister des Mobbing und als erfolgreichster Marketing- und Werbemanager des 19. Jahrhunderts. Ein Anhang nennt sämtliche Premieren der Tenöre der Wagner-Zeit und auch ein Literatur- und Personenverzeichnis fehlen nicht. Als Sensation darf gewertet werden, dass es Luther gelungen ist, aus der allerersten Zeit des Wagnergesanges, zu Lebzeiten des Komponisten, noch zwei Aufnahmen beizusteuern, die dabei ihre Erstveröffentlichung erfahren: Hermann Winkelmann (1849–1912), Wagners erster Parsifal, der im Jahre 1891 auch den Tannhäuser auf der Bayreuther Bühne verkörpert hat, singt mit Klavierbegleitung eine Strophe des Liedes an die Venus, eine sängerisch enttäuschende Leistung. Der Schriftsteller, Komponist, Sänger und Korrepetitor Adolf Wallnöfer (1854–1946), der bei der Aufführung der Neunten Symphonie zur Grundsteinlegung des Festspielhauses im Jahre 1872 unter Richard Wagners musikalischer Leitung noch als Chorbass sang, dann als Assistenz zu Wagner Bayreuther „Nibelungen-Kanzlei“ gehörte und später in Angelo Neumanns Richard-Wagner-Theater auch die Heldenpartien verkörperte, gestaltet auf der Erstveröffentlichung – arg bemüht – das Schmelzlied des Siegfried. Als Wagner starb, so Luthers Fazit, „stand die Zeit der großen Heldentenöre noch bevor.“Hauptrubrik
Geschichte des Heldentenors
Untertitel
Wagner als erfolgreicher Marketing- und Werbemanager
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