Brendan Adams +++ kollektiv22 +++ Schultze Ehwald Duo +++ The Silverettes +++ Paolo Nutini +++ Natalie Merchant
Natalie Merchant kennen wir. Einst Mitgründerin und Sängerin der „10,000 Maniacs“, seit 1993 aber solo unterwegs. Nach dreizehn Jahren gibt es nun neue Töne von ihr. Und deswegen wohl auch der Evergreen unter den Albumtiteln: die Selbstbetitelung. „Natalie Merchant“ wiegt den Hörer in einer kontinuierlichen Unsicherheit. Akustik ist Trumpf. Begleitet von E-Pianos, Hammond-Orgeln, Streichern und Gitarren schildert sie mit brüchiger, fester, bestimmter und führender Stimme ihre Lebensbeobachtungen. Das funktioniert prächtig, weil die Songs jene Art Wiedererkennungswert besitzen, den man gerne hat. Nicht aufdringlich, aber bleibend. (Warner)
Paolo Nutini, schottischer Singer und/oder Songwriter italienischer Herkunft, wird mit seinem dritten Album „Caustic Love“ für Aufmerksamkeit sorgen. Natürlich ist das irgendwie Pop. Aber der schlauen Art. Groove-basiert formuliert Nutini seine Vorstellung von Musik. Blues spielt dabei eine ganz große Rolle, im Hintergrund auch Funk. Dabei tritt er reibeisenstimmig nur in den Vordergrund, um den Song dezent anzuschieben. Obwohl er es könnte, klatscht er der Hörerin oder dem Hörer seine Stimme nicht durchwegs ins Gesicht. So entstanden dreizehn hörenswerte Titel, die sehr gut zwischen seriöser Gediegenheit und brauchbarer Radiotauglichkeit pendeln. (Warner)
Jules, Sassy und Ira sind The Silverettes. Ob sie laut ihrem Album „The Real Rock‘n‘roll Chicks“ sind; keine Ahnung. Was gefällt ist, dass die drei mit ihrer Interpretation und Darbietung des guten, alten Rockabilly-Genres durchaus erfolgreich sind. Ihre Coverversionen sind kein Abklatsch, sondern ernst gemeinte Hommage mit hohem Entstaubungsgrad. Stets prägend: der dreistimmige Gesang, der von einer Rhythmus-Lawine unterstützt wird, die gnadenlos zu Boden wirft. Gespielt werden Songs aus den Fünfziger- und/oder Sechzigerjahren, selbst aktuelle Hits wie Pinks „Just like a Pill“ bleiben nicht unverschont. Gute Laune- Album und mal was Anderes. (ToBaGo Music)
Zwei Könner stellen vielleicht gar nicht so Ungewöhnliches vor. Peter Ehwald (bekannt von Oktoposse) und Stefan Schultze (bekannt von „schultzing“) firmieren auf „Grasp“ als Schultze Ehwald Duo. Unverbraucht, ohne Tabus, ohne Grenzen und ohne Berührungsängste nähern sie sich instrumental der Schnittstelle Jazz/Moderne. Das ist bei jedem der sechs Albumsongs keine Leichtigkeit. Es erfordert Geduld, auch Vertrauen ihnen zu folgen. Aber wie schön ist das bitte, mal keine Gitarrenriffs zu hören, keine PC-generierten Beats, keine bearbeiteten Gesänge, keine Klangverfettungen. Hier gilt es aufmerksam zu lauschen, nicht den Höhepunkt abzuwarten, sondern zu akzeptieren, dass Musik auch Fluss bedeutend. Kein Hinsteuern auf einen Höhepunkt. Wer sich fordern möchte, bitte zugreifen. (WhyPlayJazz)
Urban Folk ist die Schublade, die man gerne für Brendan Adams (nicht verwechseln mit Bryan oder Ryan Adams) öffnet. „Spirit“ als Albumtitel ist dann auch wieder so hinweisend, dass man kurz die Biografie des Künstlers ansprechen muss. Geboren in Südafrika verschlug es ihn nach Schottland. Aufgewachsen in verschiedenen musikalischen wie politischen Welten, fand er eine Affinität zu Bob Dylan oder Sixto Rodriguez als stilprägend für sich heraus. Und so folkt es gewaltig auf „Spirit“. Die Gitarre im Mittelpunkt zupft sich Adams durch die Platte. Er kann melancholisch, fröhlich, nachdenklich oder bedenklich sein. Doch im Mittelpunkt bleibt ein irgendwie vernehmbarer Frieden, den er mit sich geschlossen hat. Nett. (Love Duty)
Bandnamen und ihre Wirkung. Da wäre dieses interessante und gut zu hörende Album „Geschichten ohne Versmaß“ von kollektiv22 fast im Eimer gelandet. Weil namentlich unansprechend. Aber Schicksal eben. Sieben Hamburger rocken und rappen ihre Idee von Musik. Nicht bahnbrechend. Aber mit Leidenschaft und Grundsatz. Am selben Strang ziehend. Und diese Vermutung wird bei Songs wie „Zugvögel“, „Bonnie“ oder „Obsession“ eindrucksvoll deutlich. Dabei stört es wie bei vielen anderen Bands überhaupt gar nicht, dass Genres gekreuzt werden. Folk, Pop, Reggae, Rock und HipHop wechseln sich ab. Aber nicht berechnend, sondern relativ leichtgängig. Auch dass mal auf Deutsch, dann auf Englisch getextet wird, stört selten bis gar nicht. Die Jungs machen ihr Ding. Davon gibt es viel zu wenig Musiker. Kann sein, dass kollektiv22 damit bruchlanden. Aber erhobenen Hauptes. (Intono Records) ¢