Wolfgang Michels: zuhause
Ferryhouse/Warner Music FHP 420082
Seit den Seventies gilt der Singer/Songwriter Wolfgang Michels zu den ewigen Geheimtipps wie Nick Drake oder Tim Buckley. Mit seiner Gruppe „Percewood’s Onagram“ und Soloalben wie „Full Moon California Sunset“ schrieb Michels deutsche Popmusikgeschichte. In den letzten Jahren hatte er sich vor allen Dingen als Music Consultant betätigt. Vorbildlich wertete er den legendären „Telefunken“-Katalog von Künstlern wie Hildegard Knef, Caterina Valente oder Udo Lindenberg aus. Zudem produzierte er eine herausragende Box mit – teilweise unveröffentlichten – Marlene-Dietrich-Aufnahmen oder Kompilationen mit raren Songs seines alten Freundes Rio Reiser. Irgendwann war es für Michels aber Zeit geworden, wieder selbst Musik zu machen. So entstand nach einer Lebenskrise, als sein Herz „nicht mehr zu schlagen schien“, dieses neue Album, das einen Neuanfang markiert: „zuhause“.
Und „zuhause“ scheint Michels tatsächlich mit seinen Liedern wieder angekommen zu sein, bei seiner alten Liebe zu Beatles-Harmonien und Stones-Rhythmen. Wie ein Jungbrunnen wirkt dabei die junge Band, die ihn manchmal vielleicht um eine Spur zu rockig begleitet. Ohrwürmern wie „Lover Lover“ oder „Fernweh“ verpasst diese ein radiotaugliches musikalisches Gewand. Einen traumhaften Song wie „Die Wüste“ peppen sie geschickt im Tarantino-Sound auf. Die eigentliche Attraktion bleibt aber die leicht angeraute, jungenhafte „Soul“-Stimme des immer noch lässigen Sängers Wolfgang Michels, der sich bei Nummern wie „Wenn ich mich so fühl“ kongenial an der Akustikgitarre begleitet. Nach wie vor angetrieben von einer „kleinen Sehnsucht“ erzählt Michels die „ewigen“ alten Geschichten von Vollmondnächten, Langeweile und Liebe. „Jemand wie du“, das vielleicht persönlichste Lied dieser vorzüglichen Kollektion, über die Zeit, als seine Welt „an einem Faden hing“, erklingt bei Michels – in schönster Samba-Tradition! – im leichtfüßigen Latin-Sound. Ganz plötzlich nach einem Telefongespräch mit seiner Mutter sei ihm diese Melodie gekommen, erzählt Michels, der lange darüber nachgedacht hat, woher diese kam: „So etwas hatte ich bis dato noch nie verwendet. Bis mir einfiel, dass meine Eltern mich in frühester Kindheit häufig mit zu vornehmen Tanzteeveranstaltungen nahmen, die damals mit Orchester in Hotels oder Kurhäusern gegeben wurden.“