Dies ist bereits die zweite Folge von Colin Matthews’ Orchesterbearbeitungen der Préludes für Klavier solo von Claude Debussy, womit die zwei Dutzend Stücke komplett in luxuriöser Verkleidung vorliegen (erste Folge auf CD HLL 7513, mit denselben Musikern, gekoppelt mit „La mer“). Die Aufführungen sind technisch und klanglich untadelig und zeugen von einer feinen Orchesterkultur und sehr guten Produktionsbedingungen.
Colin Matthews (geb. 1946) ist einer der interessantesten und handwerklich versiertesten englischen Komponisten unserer Zeit, und wie wenige hat er das Zeug dazu, egal was für eine Musik effektvoll zu bearbeiten beziehungsweise zu orchestrieren. Glücklicherweise geht er bei seinen Arrangements recht frei mit dem Stoff um und vermag ihn so ausgezeichnet auf das neue instrumentale Idiom anzupassen. So kommt es auch, dass Vieles (nicht alles) so klingt, als sei es originär fürs Orchester erfunden und man nicht an das Klavier denken muss. Doch klingt es – bei aller unbestrittenen Könnerschaft, die auf profunder Kenntnis des Debussy’schen Orchesterstils beruht – auch nach Debussy? Da hatte ich schon bei dem von Charles Koechlin so herrlich orchestrierten Ballett „Khamma“ so meine Zweifel, und hier ist noch offensichtlicher, wie unnachahmlich – trotz aller Korrektheit und allem Erfindungsreichtum des Arrangeurs – Debussys Klangwelt ist.
Diesen Vorbehalt fallen lassend, sind Matthews’ Orchestrationen eine Angelegenheit, die man in ihrem Abwechslungsreichtum, ihrer charakteristischen Zeichnung und der vollendeten Kombinationskunst nur bewundern kann, besonders in den Matthews’ Naturell mehr entgegenkommenderen, etwas „griffigeren“ Stücken wie „Hommage à Pickwick“, „Les collines d’Anacapri“ (eine Landschaft evozierend, in der Debussy nie war) oder „Feux d’Artifice“. Der eigentliche Clou des Ganzen allerdings ist das „Postlude: Monsieur Croche“, eine vexierspiegelhaft resümmierende, charismatische Originalkomposition von Matthews, die mehr nach authentischem Debussy klingt als manche der Bearbeitungen.