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Hommages à Oistrach

Untertitel
David Oistrach spielt Ernst Hermann Meyer: Violinkonzert, Mozart: Violinkonzert A-Dur, Bach & Vivaldi: Violindoppelkonzerte, Leclair, Kodály
Publikationsdatum
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Anlässlich des hundertsten Geburtstags des überragenden russischen Geigers David Oistrach sind mehrere CD-Hommages erschienen, darunter eine umfangreiche Box bei EMI und ein Querschnitt der Deutschen Grammophon.

Vorliegende Doppel-CD mit DDR-Aufnahmen besticht besonders dadurch, dass wir endlich Gelegenheit haben, das in legendärer Kollaboration entstandene Violinkonzert von Ernst Hermann Meyer (1905–88) zu hören, eines ranghohen Musikfunktionärs des sozialistischen Systems, dessen expressionistische Tonsprache sowjetisch geprägte klassische Moderne im Gefolge des um ein Jahr jüngeren Genies Dmitri Schostakowitsch war.

Meyers 1963 bis 1964 auf Anregung Oistrachs für diesen geschriebenes, 1965 mit der Staatskapelle Berlin unter Otmar Suitner ersteingespieltes Violinkonzert ist ein episches Werk von über 36 Minuten Dauer in drei kontrastreich angelegten Sätzen. Der Geigenpart ist sehr virtuos, die Ausdrucksnuancen reichen von zartest-melancholischen Lyrismen bis hin zu schroffer Vehemenz, mit polyphon angelegten Soli – es ist insgesamt ein sehr dankbares Konzert, dessen Außensätze von konzentrierter, schattierungsreicher Innenschau künden, wogegen der zwischen extremen Gegensätzen sich spannende, bewegte Mittelsatz (Dramma musicale, eroico, lirico e gioioso) eine sehr direkte, affirmative Dramaturgie verfolgt. Als Ganzes ist dieses substantielle Werk eine wertvolle Wiederentdeckung. Im Übrigen sind (mit dem Leipziger Gewandhausorchester unter Franz Konwitschny) Vater und Sohn Oistrach in bewährtem Repertoire zu hören: die Doppelkonzerte von Bach und Vivaldi (a-moll aus „L’Estro armonico“), sowie, ebenfalls mit Konwitschny, der diesmal die Dresdner Staatskapelle leitet, Mozarts Violinkonzert in A-Dur, mit Naum Walter eine Sonate von Jean-Marie Leclair (1697–1764) und, hinreißend ausmusiziert, drei Ungarische Tänze von Zoltán Kodály.

Ein umfangreicher Booklettext bekundet eine typisch deutsche Problematik, die zu überwinden eine wichtige Aufgabe ist. Es ist nicht notwendig, die CD-Veröffentlichung eines Musikstücks (in diesem Fall Meyers) seitenlang infragezustellen und zu rechtfertigen, wenn dieses so offensichtlich meisterhaft komponiert und eingespielt wurde, und selbst wenn einige plakativere, auf äußerliche Wirkung setzende Passagen darin vorkommen. Diese Musik steht für sich, ob ihr Schöpfer ein wichtiger Kulturfuntionär war oder nicht. Möge jeder Hörer selbst entscheiden, wofür es keiner Relativierung oder Warnung bedarf.

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