Aktuelle Neue Musik auf CD.
Eduard Brunner, seit Jahrzehnten ein Großmeister der Klarinette mit einer unangefochtenen Zuständigkeit, die von Mozart bis Lachenmann reicht, überrascht einmal mehr mit einer in mancherlei Hinsicht einzigartigen Solo-CD. Sie beeindruckt nicht nur durch eine klangliche und technische Vollkommenheit, die jede Konkurrenz erbleichen lässt, sondern auch durch die überlegene Gestaltung der Werke, die stilistisch einen weiten Bogen beschreiben. Die Auswahl umfasst insgesamt elf Komponisten und reicht vom frühen Modernisten Arthur Lourié über Edison Denisov und Henri Pousseur bis zu Fabio Nieder und Toshio Hosokawa. Dass Jörg Widmanns „Fantasie“ am Anfang steht, ist eine schöne kollegiale Geste und Herausforderung zugleich. (Naxos 8.572470)
Das CeReNeM, Centre for Research in New Music an der Universität Huddersfield, das seit 2008 von Liza Lim geleitet wird, gibt in Aufnahmen mit dem auch in Europa bestens bekannten australischen Elision Ensemble einen Einblick in seine jüngsten Arbeiten. Neben Liza Lim kommt darin eine Reihe von noch weniger bekannten Komponisten zum Zug: Bryn Harrison, Mary Bellamy, Aaron Cassidy. Ihre Werke sind individuell sehr verschieden, gemeinsam ist ihnen aber eine vitale Freude an der Erforschung der instrumentalen Möglichkeiten. (HCR02CD, www.cerenem.org) Auf einer zweiten CD spielen drei Bläser des Elision Ensemble Werke unterschiedlicher Provenienz, darunter Klaus K. Hüblers witzig-innovatives Posaunensolo „Cercar“ von 1983. (HCR03CD)
In der CD-Reihe des Ensemble Modern stellt sich ein herausragender Solist mit Werken seiner Wahl vor. Der Geiger Rafał Zambrzycki-Payn, am Klavier begleitet von Ueli Wiget, richtet den Blick nach Ost/Südost. Mit energischem Zugriff spielt er Werke der drei modernen Klassiker Lutosławski, Janácek und Bartók sowie ein speziell für diese Produktion bestelltes Solostück von Anastasio Mitropoulos. Aus einem Materialvorrat von zehn Akkorden entwickelt der griechische Komponist eine große Vielfalt an Gesten und Ausdruckswerten. Ein hörenswertes Stück, eine hörenswerte CD. (Ensemble Modern Medien EMCD-015)
Das älteste Werk auf der Soloplatte von Beatrix Wagner ist die „Musik für Soloflöte“ von Clemens Gadenstätter (1991), die jüngsten beiden stammen von 2008: Gerald Eckerts ätherisch leise Studie „Gegendämmerung“ (mit Stimme) und das durch seine rhythmisch-artikulatorische Präsenz faszinierende Bravourstück „heavy metal“ von Gordon Kampe. In den Stücken der insgesamt sieben Komponisten erweist sich Beatrix Wagner als Interpretin von hohem Format. Instrumentale Souveränität paart sich mit ästhetischer Offenheit und dem Mut, an die Grenzen zu gehen. (Edition Zeitklang ez-44046)
Eine „selbstspielende Trommel“, gesteuert durch akustische Signale aus einem Lautsprecher, stürzt in „Desafinado“ von Wolfgang Heiniger das friedlich vor sich hin spielende Saxophon plötzlich in ein wildes Chaos. Das Stück, das mit dem gleichnamigen Bossa-Nova-Titel nicht erkennbar zu tun hat, ist die originellste Nummer auf der Porträt-CD von Lars Mlekusch. Mit weiteren Werken von Luciano Berio, Hanspeter Kyburz, Giorgio Netti und Junghae Lee ist sie überaus farbig und abwechslungsreich zusammengestellt. Mlekusch, der hier mit Sopran- und Baritonsax zu hören ist, bringt seine Instrumente mit explosiver Virtuosität, perkussiven Klappengewittern und raffinierten Multiphonics klanglich zum Funkeln und Leuchten. (Edition Zeitklang ez-38040)