Hauptbild
Wunderbar, dass es die New Yorker We are Scientists noch gibt.
Wunderbar, dass es die New Yorker We are Scientists noch gibt.
Hauptrubrik
Banner Full-Size

Italien, Deutschland, New York

Untertitel
Neuerscheinungen der Popindustrie, vorgestellt von Sven Ferchow
Publikationsdatum
Body

Måneskin, die italienische Rockband: Bis zu ihrem erstaunlichen Sieg beim Eurovision Song Contest 2021 flogen sie und ihre beiden bis dato veröffentlichten Alben tatsächlich komplett unter dem Radar +++ John Frusciante, wieder heimgekehrter Gitarrist der Red Hot Chili Peppers, macht also doch noch als Solist weiter +++ Um ehrlich zu sein, die US-Band White Reaper ist hierzulande unbekannt +++ Die deutsche Punkrockband Pascow stellt mit „Sieben“ ihr überraschender Weise siebtes Album vor +++ Wunderbar, dass es die New Yorker We are Scientists noch gibt

Måneskin, die italienische Rockband: Bis zu ihrem erstaunlichen Sieg beim Eurovision Song Contest 2021 flogen sie und ihre beiden bis dato veröffentlichten Alben tatsächlich komplett unter dem Radar. Dann erging es ihnen wie einst Nicole und ihrem Friedenssong: plötzlich berühmt. In Folge wurde jede weitere Single ein Hit: „Beggin’“, „I wanna be your slave“ und natürlich „Supermodel“. Nun geht es um das dritte Album: „Rush“. Nicht dass man von Måneskin eine Art Hitfabrik erwarten würde. Wobei ihr poppiger, radiotauglicher Sound, hier und da mit vermeintlich kratzbürstigen Gitarren unterlegt, durchaus dazu taugen würde. „Rush“ wird uneingeschränkt von eingängigen Melodien, einer nicht zu unterschätzenden Melancholie und einer rocktauglichen Stimme von Sänger Damiano David getragen. Nicht schlecht, aber auch kein Meilenstein. (Epic)

John Frusciante, wieder heimgekehrter Gitarrist der Red Hot Chili Peppers, macht also doch noch als Solist weiter. Selbstverständlich kann ein Soloalbum von John Frusciante dieser Tage nicht einfach einen normalen Titel haben. Das Album hat eine Bezeichnung, eine Einordnung, nämlich „:II.“. Ausbuchstabiert also Doppelpunkt, großes I, großes I, Punkt. Ganz toll, aber bitte, ein Künstler eben. Musikalisch schwelgt Frusciante wie immer als Solist in elektronischen Schwaden, Nebelwolken und Unendlichkeitsloops. Dahinter könnte alles stecken, eine verhallte Gitarre, eine gesampelte Bohrmaschine oder geloopte Büroklammern, die vom Schreibtisch fallen. Wer sich in diese teils dystopischen, teils aber gar nicht so unfreundlichen Klänge fallen lassen möchte, der wird gewiss Großes erleben. (Avenue 66)

Um ehrlich zu sein, die US-Band White Reaper ist hierzulande unbekannt. Im Sommer 2022 durften sie auf der Deutschland-Tour der Grunge-Rocker Pearl Jam ein paar Konzerte eröffnen, ob das den Bekanntheitsgrad oder das Interesse an der Band gesteigert hat, dürfte eher weniger zutreffen. Also rein in das aktuelle Album „Asking for a Ride“. White Reaper bedeutet zunächst einmal enorme Spielfreude, fast kindliche. Sie kommen vom Punk, das ist vernehmbar. Der wird klobig angemischt: heftige Gitarren, solideste Bässe und sehr ordentlicher Gesang, der aus der Rock-Mörtelmaschine dann nicht uninteressante Rocksongs herausbröckelt. Die sich mitunter in Richtung Pop neigen (insbesondere die langsameren Songs). Trotzdem ist da etwas mit White Reaper, etwas das sie nicht greifbar macht, das den letzten Tropfen zum Überlaufen bringt, um sich komplett mit der Band zu verbrüdern. Man will Richtung Stadionrock, irgendwo hakt es aber. Noch. (Elektra)

Die deutsche Punkrockband Pascow stellt mit „Sieben“ ihr überraschender Weise siebtes Album vor. Seit 1998 beackern sie den Punkrock in all seinen Facetten. Das klappt wie auf den Vorgängeralben ebenfalls auf „Sieben“ richtig gut. Wir hören klar und deutlich Punkmusik, die ohne Zweifel und ohne Vorwurf für alle hörbar ist. Gute Melodien, die Gitarren am Limit, aber nicht übertrieben. Die Songs in der genau passenden Länge, die Texte mit Aussage(n) ohne den Anspruch, bräsige Botschaften zu versenden. Besonders schön: „Sieben“ lässt sich auf einen Rutsch durchhören. Keine Durchhänger, keine Albumfüller. Okay, sind ja nur knapp 40 Minuten Musik, aber das reicht ja oft, um Zeitverschwendung zu generieren. (Kidnap Music)

Wunderbar, dass es die New Yorker We are Scientists noch gibt. Gefühlt liegt das letzte Lebenszeichen Lichtjahre zurück. Chris Cain und Keith Murray sind 2023 als Duo übriggeblieben, macht nichts. „Lobes“ ist ein elektronisch produziertes Songwriter-Album. Bisweilen tanzbar, hier und da mitreißend, wenn es um hymnische, elegische Refrains und Melodien geht. Dabei rücken We are Scientist stets den Song in den Mittelpunkt, nicht sich oder aus­ufernde Musikereskapaden am Sampler oder Computer. Cineastisch ist gelegentlich so ein Wort, um breite Klangregionen zu beschreiben oder fühlbar zu machen. Doch das vielzitierte und oft überstrapazierte Kopfkino muss erwähnt werden, denn „Lobes“ ist der perfekte Unterbau dafür. Besonders erwähnenswert ist der wunderbare Mittelteil des Albums mit den Songs „Turn it up“, „Settled Accounts“, „Here goes, Parachute“. (Grönland) 

Weiterlesen mit nmz+

Sie haben bereits ein Online Abo? Hier einloggen.

 

Testen Sie das Digital Abo drei Monate lang für nur € 4,50

oder upgraden Sie Ihr bestehendes Print-Abo für nur € 10,00.

Ihr Account wird sofort freigeschaltet!