Hauptrubrik
Banner Full-Size

Kammermusik: Grazyna Bacewicz: Streichquartette 1–7, Klavierquintette 1 & 2

Untertitel
Vernachlässigtes Repertoire
Publikationsdatum
Body

Grazyna Bacewicz: Streichquartette 1–7, Klavierquintette 1 & 2; Amar Corde String Quartet; Waldemar Malicki, Klavier. Acte Préalable AP 0019, 0020, 0021 (3 Einzel-CDs; Vetrieb: Klassik Center Kassel)

Die Grande Dame der polnischen Avantgarde (1909–69) ist die übergangene Jubilarin des Jahres 2009. Allenfalls ihre Violinsonaten kennt man hierzulande (eine Doppel-CD erschien vor ein paar Jahren bei Hänssler). Der um vier Jahre jüngere Lutoslawski  versicherte, der hohe Rang der polnischen Musik sei nicht zuletzt der Bacewicz zu verdanken. Greifen Sie also am besten zu, bevor der Zyklus der Streichquartette, der über einen Zeitraum von 35 Jahren heranreifte, wieder aus den Katalogen verschwindet. Wie vertraut der im Geigen- und Klavierspiel gleichermaßen beschlagenen Komponistin die Streichinstrumente gewesen sind, wird gerade in den vor virtuosen Anforderungen strotzenden Quartetten deutlich. Vom neoklassischen Stil ausgehend, konzentrierte sie sich zunächst auf die motivische Arbeit und nahm dezente folkloristische Anleihen.

Dabei entwickelte sie zunehmendes Interesse an ungewöhnlichen Klangfarben, um sich in ihrer letzten Schaffensperiode ab 1960 auch mit Aspekten der Zwölftontechnik einzulassen, womit eine äußere Verknappung der Werke einherging. So gelang es Grazyna Bacewicz, stets auf der Höhe der Zeit zu komponieren, ohne dass von einem Werk zum nächsten Sprünge oder Brüche spürbar würden. Es fanden eher fließende Veränderungen innerhalb ihres Personalstiles statt, der nach dem Kriege zu voller Entfaltung gelangt war. Die beiden Klavierquintette – eine Besetzung, zu welcher Komponisten im 20. Jahrhundert eher selten griffen – flankieren die Streichquartette 4 (1951) und 7 (1965); das Klavier tritt hierbei mit den sich selbst genügenden Streicherklängen in einen erregten Dialog.

Die schon vor zehn Jahren entstandenen (und damals als Box veröffentlichten) Aufnahmen wurden auf die CDs leider etwas wirr verteilt; dafür finden sich in den Polnisch, Englisch und Französisch abgefassten Booklets sehr aussagekräftige Porträts der Bacewicz aus allen Lebensphasen. Die vier tadellos miteinander verschmelzenden Stimmen der Damen des polnischen Amar-Corde-Quartetts liefern ein eindringliches Plädoyer für dieses vernachlässigte Repertoire; kein Grund jedoch für die Herren Streicher, um eine Musik von europäischem Rang weiterhin einen Bogen zu machen.

Weiterlesen mit nmz+

Sie haben bereits ein Online Abo? Hier einloggen.

 

Testen Sie das Digital Abo drei Monate lang für nur € 4,50

oder upgraden Sie Ihr bestehendes Print-Abo für nur € 10,00.

Ihr Account wird sofort freigeschaltet!