Die Wiederentdeckung des französischen Komponisten Erik Satie Ende der siebziger, Anfang der achtziger Jahre war insofern bemerkenswert und dem Werk des Komponisten angemessen, da es nicht nur einmal, sondern gleich mehrfach wiederentdeckt wurde.
Das Kabarett brachte seine Chansons aufs Podium, die Neue Musik würdigte seine Versuche in der Zwölftonmusik und im Bereich installativer Konzepte – Cage führte als erster Saties „Vexations“ in voller Länge auf –, die Musikwissenschaft entdeckte den Siebten Mann der Group des Six, die Bildende Kunst machte einen Surrealisten aus ihm und das Theater entdeckte seine avantgardistischen Film- und Bühnenmusiken in Zusammenarbeit mit Picasso und Cocteau.
Seit dieser Zeit spielen unzählige Pianisten Stücke aus seinem Klavierwerk. Sie tun dies allerdings vorwiegend zuhause, bestenfalls im kammermusikalischen Zuhörerkreis. Saties Musik konnte sich nicht im Konzertsaal durchsetzen – von ihrer Konzeption her wollte sie es gewissermaßen auch nicht. Saties Musik ist intim, poetisch, antiimpressionistisch, aus diesem Grund hat sie wenig Brillantes oder Imposantes für den Konzertsaal zu bieten. Musik für Kenner und Liebhaber eben. Mitte der achtziger Jahre – obwohl damals hauptsächlich für das Stockhausen-Ensemble tätig – lernte auch der junge Posaunist und Komponist Mike Svoboda das Werk des Erfinders der „Phonometrie“ kennen.
Dass Svoboda sich jetzt wieder mit der Musik Saties beschäftigt, ist ein Blick zurück auf seine ersten Jahre in Deutschland, seine Studienzeit in Stuttgart.
Svoboda ist Bläser, nicht Pianist. Das bedeutet Adaption und Arrangement der Stücke. Der Posaunist, der technisch alle Herausforderungen seines „archaischen“ Instrumentes bewältigt, arrangierte Klavierstücke und Lieder von Erik Satie neu für Akkordeon (Stefan Hussong), Stimme (Anne-May Krüger) und Posaune.
Sein Verfahren ist bekannt, Svoboda hat sich derart auch anderen Komponisten genähert, so etwa Wagner mit „Adult Entertainment: 14 Versuche Wagner lieben zu lernen“, Mozart in „DJ Cherubino: My God Mozart!“(beide 2002) sowie den Schumanns in dem Programm „Clara, Robert und Johannes-Fantasie über ein romantisches Dreieck“ (2004).
Angereichert wird das Programm aus Satie-Klassikern wie „Sports et divertissment“, „Ludions“, „Gnossiene Nr. 1“ oder „Trois poèmes d’amour“ mit Svoboda-Stücken. Seit 1995 ist er nach elf Jahren Mitarbeit nicht mehr beim Stockhausen-Ensemble tätig und hat von diesem Datum an seine eigene Kompositionstätigkeit erneut aufgenommen. Er schreibt einen eklektischen Stil, dem die Vertrautheit mit modernen Kompositionsverfahren anzuhören ist. Eindrucksvoll etwa das Stück „Study No. 1 – speed“, mit gleichzeitigen Anklängen an Feldman und Nancarrow, oder auch die „five canon studies“, bei dem Interferenzen und die Ausleuchtung von Tonspektren an Scelsi, Haba und Freejazz zugleich erinnern. In der Regel bewegen sich Svobodas Stücke in einer Art erweiterter Tonalität und benutzen die Formenlehre des Fugenbaus genauso wie Jazzelemente. Keine Musik mit großem Gestus, sondern musikalische Miniaturen, an denen auch Erik Satie als der Meister der kleinen Form sein Vergnügen gehabt hätte.