Charles Koechlin: Les Heures persanes. Radio-Sinfonieorchester Stuttgart, Heinz Holliger.
Hänssler CD 93.125
Der Franzose Charles Koechlin kann wunderbar Duft und Geschmack in die Musik zaubern. Alles wird zur Atmosphäre und gerne lässt er sich hierfür von Märchenwelten und Erzählungen ferner Länder inspirieren. In seinen „Persischen Stunden“ griff er zudem auf ein 1904 veröffentlichtes Reisetagebuch zurück. Und mit dem Wissen dieser Zeit über arabische Musik entstand ein herrlich luzides, orientalisch leuchtendes Werk. Sehr diskret, durchsichtig und ohne vordergründige Effekte interpretiert.
Tom Sora: 20 Töne – neun Kompositionen für Kurbelspieluhr; Drei Stücke für Midi-Klavier.
Bedienung der Instrumente: Tom Sora. NEOS, Vertrieb: col legno WWE 1CD 40001
Jeder hat schon einmal damit gekurbelt und dem Spielmechanismus Melodien entlockt. Tom Sora geht weiter. Aus dem kleinen Tonvorrat (20 diatonische Töne) entwirft er sozusagen Stickmuster in die Zeit. Skalen laufen rauf und runter, kleine repetitive Motive kollidieren in unterschiedlichen Tempi und werfen wolkenartige Klanggebilde mit unzähligen Luftwirbeln aus. Die Kompositionen für Midi-Klavier, das über einen Computer zum selbständigen Spiel angesteuert wird, setzen die auf der Kurbelspieluhr entwickelten Ideen ins Größere fort. Und auch dort entwickeln die mechanischen Gestalten eine spezifische Eigencharakteristik, sie sind widerständig, störrisch oder freundlich – fast wie selbständige Lebewesen.
György Kurtág: Kafka-Fragmente.
Juliane Banse, Sopran; András Keller, Violine.
ECM 1965 (4763099)
Die Kafka-Fragmente sind eines der am meisten zu hörenden Werke von Kurtág. Das ist dem Geiger András Keller zu danken, der sich schon mit mehreren Sängerinnen zusammentat, um den anspruchsvollen Part zu bewältigen. Juliane Banse ist wirklich ein besonderer Glücksgriff. Sie singt so genau, so intensiv, so charakterlich vielschichtig, dass die querständigen Stücke ganz selbstverständlich wirken und unmittelbar in Beschlag nehmen. Und der mit diesem Stück ohnehin bestens vertraute András Keller kann sein Spiel wunderbar dieser so facettenreichen Stimme anschmiegen.
Jakob Ullmann: A catalogue of sounds, für Violine, Viola, Cello und Ensemble.
Ensemble Oriol, Berlin. ed. RZ
Das ist Musik extremer Stille und extremer Differenziertheit. Klopf- und Kratzgeräusche in die Zeit, die so wirkt, als sei sie von den zarten Ereignissen leicht aufgeraut. Als ob sie nicht in ihrem still führenden Bett bleiben wolle. Gut 70 Minuten angespanntes Hören, Vielfalt in Bereichen des Fast-Ununterscheidbaren.
Wenn Engel musizieren – Musikinstrumente von 1594 im Freiberger Dom.
Musica Freybergensis, Roland Wilson. Edition Raumklang RK 2404/5
Jetzt klingen sie richtig! Als man die originalen Instrumente von der Decke des Freiberger Doms herabholte und nachbaute, ergaben sich viele spannende Aspekte des Instrumentenbaus in der Renaissance. Rückschlüsse auf Spiel und Stimmung dieser Zeit wurden möglich oder zumindest erleichtert. Beim ersten Konzert aber zeigten die Musiker noch manche Schwierigkeiten bei der Intonation. Jetzt sitzt es und man kann die originalen Klangformen dieser Zeit bewundern. Die Ausführung der gesungenen Partien zeigen einige Mängel, aber darauf kommt es nur in zweiter Linie an. Ein schönes Dokument gelungener Forschungsarbeit.