Texte sind das, was von ihr bleiben wird. Urheberin Margarete Steffin, Jahrgang 1908, gehört zur ersten Generation deutscher Schriftstellerinnen aus der Arbeiterschaft. Dass das Leben sie nicht verwöhnte, legen Verse, Briefe und Szenen aus ihrer Hand schnörkellos dar. Wie ihre Altersgefährtinnen Maria Osten, Marieluise Fleißer oder Mascha Kaleko artikuliert Margarete Steffin Erfahrungen einer Frauengeneration, die sich als junges weibliches Proletariat im Berlin der 20er-Jahre verbraucht. Was diese Autorin heraushebt, ist die intensive Liebes- und Arbeitsbeziehung mit Brecht, die ihr persönlich zur Herausforderung und zum Lebensdrama gerät – bis zum Tuberkulose-Tod 1941 in Moskau.
Ute Kaisers Textauswahl lässt all dies plastisch aufleben. Die Schauspielerin, die in Bochum das Silent-Art-Festival realisiert, ist auch für das akustische Kernstück der CD verantwortlich: Sie gibt der früh verstorbenen linken Autorin eine heutige Stimme, die glaubhaft erscheint. Kaisers Steffin spricht sehr klar, unverstellt, konzentriert, mit einer unprätentiösen Spur Wärme. Den Duktus der Texte, die von Sehnsucht, permanentem Verratensein, von Einsamkeit, Abtreibung und anderen weiblichen Verletzungen sprechen, könnte man durchaus einen musikalischen nennen.
Nonverbal kommt hier eine zweite, tiefere Stimme ins Spiel: Kontrabassist Achim Tang improvisiert kontradiktiv: stockende, mühsame Floskeln und perkussive Geräusche kommen und gehen, grundieren oder kommentieren in einem repetitiven, sinnierenden Gestus – ausgereizt wird das musikalische Potenzial eines Hörbuchs so allerdings nicht.