Musik von Violeta Dinescu, Enjott Schneider, Klaus Huber, Hans Zender und Luca Lombardi.
Das Klavierstück „Wiederkehr“ von 1971 ist charakteristisch für den „dritten Weg“, den Luca Lombardi damals zwischen politischer Ästhetik und materialbewusster Avantgarde einschlug. Formale Klarheit und eine vorsichtige Annäherung an die seinerzeit noch tabuisierte harmonische Dimension verbinden sich zu einem gespannt-heterogenen Ganzen. Das klingt noch immer erstaunlich frisch. Ebenso seine Variationen über „Avanti popolo“, die das italienische Revolutionslied strukturell zerlegen. Den Werken aus den bewegten 1960er und 70er-Jahren sind acht neuere musikalische „Saluti“ als individuell gestaltete Miniaturen beigesellt. Interpreten sind Alessandra Gentile, Alessandra Ammara und der noch immer phänomenale Giancarlo Cardini, der auch einen kenntnisreichen Text verfasst hat. (Continuo Records)
Die dunkle Lyrik des spanischen Mystikers Juan de la Cruz aus dem 16. Jahrhundert hat Hans Zender zu vier unterschiedlich besetzten Gesangszyklen inspiriert, die zwischen 2008 und 2014 entstanden sind. Verbindendes Merkmal ist neben den zwischen Ek-stase und Entrückung changierenden Texten die raffiniert gehandhabte Mikrotonalität, die der Musik einen irisierenden Glanz und eine einzigartige Farbigkeit verleiht. Die gestisch lebhaften Kompositionen erschließen eine sinnenfrohe Ausdruckswelt und sprechen bei aller Elaboriertheit unmittelbar an. Mit Angelika Luz (Sopran), Ernst Kovacic (Violine), dem Klangforum Wien und den Orchestern und Chören des BR und SWR setzen sich erstklassige Interpreten für die Werke ein. (Wergo)
In dritteltöniger Stimmung sind die meisten Stücke angesiedelt, die das Ensemble Alternance von Klaus Huber eingespielt hat. Die vom Flötisten Jean-Luc Menet geleitete Kammermusikgruppe gehört zu den treuesten Anhängern des Komponisten in Frankreich. Ihre neue CD enthält eine mit sensibler Hand zusammengestellte Auswahl später Werke, in deren Mitte Klaus Huber mit der berührenden Rezitation eines Gedichts von Mandelstam zu hören ist; der Dichter hat ihn zu einer ganzen Serie von Werken inspiriert. Einige davon sind hier zu hören. Die Aufnahmen breiten die Subtilitäten der intimen Musik in leuchtender Klarheit vor dem Hörer aus. Einer solchen atmosphärischen Dichte begegnet man auf einer CD selten. (Stradivarius)
Enjott Schneider ist ein fantastischer musikalischer Geschichtenerzähler. Auf der CD „Fatal Harmonies“ überträgt er das Erzählen dem Cellisten László Fenyö und dem Deutschen Symphonieorchester Berlin unter Ariel Zuckermann. Das Cellokonzert „Dugud“ entführt mit mystischen Klängen und vitalen Rhythmen in die Welt der sumerischen Sagen, in „Sulamith“ entfalten sich die blühenden Streicherklänge von „Danses sacrées“, und „Fatal Harmonies“ bezieht sich auf die verführerische Todessehnsucht von Gesualdos Harmonik. Düstere Farbenpracht herrscht in „Abbadon, Engel des Abgrunds“ und „Lilith“ vor. Große Orchestermusik auf tonaler Basis. Nicht jeder kann das. (Wergo)
Mit Flöte, Schlagzeug und Synthesizer schafft Violeta Dinescu in „Lytaniae für Britt Gun“ einen Raum für starke Affekte. Ihre zehn Miniaturen „Schlachtfeld von Marathon“ sind sprachmächtige, auch verschwiegene Klangfantasien, und in „Zeitglocken für Myriam“ tritt ihre Neigung zur räumlichen Entfaltung des Klangs ungehindert in Erscheinung. Das Stück ist ihrer Lehrerin Myriam Marbe gewidmet, die auf der CD mit sieben „Haikus“ und drei schrägen Morgenstern-Melodramen vertreten ist. Der Dritte im Bunde ist Dinescus Schüler Roberto Reale. Das rumänische Trio Contraste nimmt mit seiner zupackenden Musikalität für sich ein. (Gutingi) ¢