Fontaines D.C. +++ Michèl von Wussow +++ Amos Lee +++ Foster The People +++ Oasis +++ The Dead Daisies
Neue U2 und alte Daisies
Weiß man ja nie, was man da immer sagen soll. Wenn ein paar gesalbte Kritiker wieder vom „Next Big Thing“ sprechen. Die irische Band Fontaines D.C. und ihr Album „Romance“ sollen das nun sein. Das vierte Album bereits. Die ersten drei waren eher für Eingeweihte. Man scheut wenig Vergleiche und Beschreibungen: U2, elegisch bis hymnischer Stadionrock, Nirvana, dystopischer Sound und so weiter. Runtergebrochen aufs Wesentliche geht es um elf Songs und deren Melodien. Die sind hier und da catchy, zuweilen manga-mäßig emotional und leider irgendwo auch schon mal gehört, damals bei Blur, Oasis, Shed Seven und meinetwegen U2. Wahrlich kein schlechtes Album, insbesondere die eingestreuten „modernen“ Elektrospielereien (hochinteressante Drumbeats) und mäandernden Soundlandschaften füllen doch einige kompositorische Leerläufe mit konzentrierter Erwartung und Spannung. Nicht falsch verstehen. Ein Album, das dezent an baldigem Ruhm kratzt, aber ob der Zeitpunkt der richtige ist, wird woanders entschieden. Bitte gerne reinhören. (XL Recordings)
Michèl von Wussow ist gebürtiger Hamburger. Einen kleinen Bekanntheits-Schub konnte der Songschreiber 2023 feiern, als er in der TV Sendung „Inas Nacht“ seinen Song „Narbenherz“ vom Debütalbum „Angst gegen Vertrauen“ aufführen durfte. Ging gut. Jetzt bereits kommt das zweite Album „Traum B“. Und Michèl von Wussow bleibt seiner zum Pop tendierenden Songwriter-Linie treu, schlenkert aber auch auf seinem zweiten Album gerne Richtung verzerrte Gitarren und Rockmusik. Das klingt ehrlich und ungekünstelt. Melodisch und lyrisch schreibt, erzählt, singt, träumt und hadert er. Vom Leben und übers Leben. Er macht das mit Verlaub hanseatisch kühl. Und deswegen authentisch. (Sony Music)
Amos Lee verzaubert erneut. „Transmissions“ mag einen Hauch düsterer ausfallen als vorherige Alben, dennoch packt einen diese kribbelnde Traurigkeit, dieser wohl temperierte Trübsinn und diese exzellente Stimme erneut. Dem oft undeutlichen Genre „Americana“ lässt sich „Transmissions“ eventuell zuordnen. Wobei Amos Lee als Singer/Songwriter in zu weit entfernte Tiefen vorstößt, als dass man ihn mit einer simplen Schublade normieren könnte. Besonders hervorzuheben sind das Eröffnungsstück „Built to fall“, das vermeintlich fröhliche „Darkest Places“ sowie das heimelige „Lucky Ones“. (Thirty Tigers)
Man muss nicht mehr viel sagen über Foster The People. Wenn schon Pop, dann so. Wie auf „Paradise State Of Mind“. Ein Album wie ein exklusiver Segeltörn. Gutaussehende Menschen tanzen an Deck, die Rumflasche bleibt nie voll und die Beats hören nie auf. Es bleibt nach wie vor einzigartig und originell wie Foster The People einerseits Disco, Funk und House mischen, andererseits langweilig verzerrte Vocals und immerwährende Loops zu einer doch pikanten Popnummer zusammenschrubben. Viel Können, viel Gefühl. (Atlantic)
Dass Oasis trotz ihrer „Manchester Working Class“-Attitude schon immer und vor allem während ihrer Trennungsjahre mit Deluxe- und Sondereditionen absahnten, ist freilich ein alter Hut. Nun kommt passend zur empörenden Reunion (Stichwort Ticketverkauf, siehe Seite 14) das passende Album: Definitely Maybe (30th Anniversary Deluxe Edition). Natürlich besteht auch hier die Möglichkeit – ähnlich dem Ticketverkauf – nicht nur eine Version zu erwerben, sondern verschiedene: mit T-Shirt, ohne T-Shirt, mit CD, nur Vinyl oder beides. Nun gut. Das Album hat in seiner Eigenschaft als Systemsprenger (1994!) bezüglich Nonchalance, Gleichgültigkeit und Wurstigkeit nichts an seiner Wirkung verloren. Ob man die mitgelieferten diversen Abmischungen und Versionen braucht, muss der Hardcore-Fan selbst entscheiden. Grundsätzlich gilt: Es gibt nur ein Supersonic. (Big Brother Recordings)
Warum man The Dead Daisies und ihr Album „Light ’Em Up“ hören muss? Weil es immer wieder Alben braucht, die beweisen, dass Zeit stillstehen kann. „Light ’Em Up“ wurde mit dem Rückkehrer John Corabi (Gesang) aufgenommen und strotzt vor klassischen Hardrock-Riffs, quietschenden Gitarren und jedem Vorurteil, das man über männerdominierten Hardrock haben kann, den man von früher kennt. Das ist legitim, von den Dead Daisies zentimetergenau umgesetzt und trotz vieler bekannter Eckpunkte erfrischend zu hören. (SPV)
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