Hauptbild
Der Komponist Werner Heider. Foto: Archiv
Der Komponist Werner Heider. Foto: Archiv
Hauptrubrik
Banner Full-Size

Neutöner sagen „Servus“

Untertitel
Abschieds-CD des „ars nova ensemble nürnberg“ mit Werken von Werner Heider
Publikationsdatum
Body

Einer, der nicht viele Worte macht – und auch in Tönen nie ausschweifend ist. Aber dafür: ein Zupackender; einer, dem es um Substanz geht. So kann und konnte man den Komponisten Werner Heider oft erleben. Etwa an spannenden Abenden im Jahr 1993 unter dem Motto „Mein Klavier und ich“. Da wehte der Künstler zur Tür herein, verbeugte sich kurz, lächelte – und begab sich sofort an den Flügel, um das Publikum mit einer glänzend gespielten freien Improvisation ins Geschehen zu ziehen.

Ein Dynamischer, der in Auftritten keine Zeit verschenkt. Sondern: der sie gestaltet. Und der die musikalische Zielstrebigkeit dabei gern mit funkelndem Hintersinn verbindet. So ist Heider. Und so sind auch seine Kompositionen. Sieben davon kann man auf einer spannenden neuen CD mit dem nüchternen Titel „ars nova ensemble nürnberg spielt Musik von Werner Heider“ hören. Diese CD ist der Mitschnitt eines Konzerts vom 21. Februar 2015: Das „ars nova ensemble“, gegründet 1968 von Klaus Has-hagen und seit dieser Zeit geleitet von Werner Heider, verabschiedete sich mit diesem Konzert im Kulturforum Fürth. Und dies nach 47 Jahren Aktivität, immer auf der Suche nach dem Un-Erhörten.

Über 150 Werke zeitgenössischer Komponisten hat das Ensemble ge-spielt. Mehr als ein Drittel davon Uraufführungen: Viele Komponisten schrieben Werke für diese engagierten Neutöner. In deutschen Städten und auch im europäischen Ausland war es zu erleben – oft in Zusammenarbeit mit Rundfunkanstalten, die vom BR bis hin zu SWF, ORF und Radio Basel reichten.

Wer etwa in den 70er-, 80er- oder 90er-Jahren jung war, im Nürnberger Raum lebte und Töne entdecken wollte, die vor neue Hör-Herausforderungen stellten, der war beim „ars nova ensemble“ an einer hervorragenden Adresse. Leichte Kost war das nie, aber immer eine – heute würde man sagen –nachhaltige. Die nicht blähte, aber voller geistiger Nährstoffe war. Und die auch emotional packen konnte, nicht nur in Reihen wie „Confronto“, in der Neue Musik und Jazz einander gegenübergestellt wurden – was bei Heider, einem auch sehr fähigen Jazzer, immer gute Gründe hatte.

Die Energie, die Neugier, die Fähigkeit, mit sinnlichen Tönen zu fesseln: All das spürt man auch in den Stücken der neuen CD. Sie führen von den schillernd ineinander wachsenden Klängen des Werks „Ensemblia – 8 Formen für 7 Instrumentalisten in 3 Gruppen“ etwa zu drei von Werner Taube knisternd intensiv gespielten Cellostücken. Oder von einer „Meditation um d“, die zwischen leisen, wellenartigen Klängen etwa einer Flöte und der Streicher mit überraschenden Schlagzeug-Akzenten aufwartet zum kraftvollen und farbenreichen Marimbaphon-Solostück „In der Tiefe“. Und dann plötzlich zu einem Stück mit Sprechstimmen namens „Das Geheimnis“ („Wo warst du gestern Abend?“ – „I can’t tell you“), das schon in den ersten Takten mit einem, fast wie ein Fragezeichen klingenden, Glissando gewitzt auf die Dialoge vorbereitet. Und schließlich von der „Technophonie“ für 7 Instrumentalisten (dem ältesten hier zu hörenden Werk, von 1998) zum pointiert leisen Schluss-Stück „Servus“, bei dessen Titel man das Augenzwinkern und die Lachfalten des weißhaarigen Energiebündels Heider (geboren 1. Januar 1930) vor sich zu sehen glaubt. Mit langem Applaus und lautem „Bravo“ endet die CD (Thorofon). Nacherlebenswert, dieser Abschiedsgruß eines verdienstvollen Ensembles. Und: eine schöne Begegnung mit komprimierten, tief durchdachten Stücken eines Komponisten, der auch einen großen Sinn für musikalische Geheimnisse hat.

Weiterlesen mit nmz+

Sie haben bereits ein Online Abo? Hier einloggen.

 

Testen Sie das Digital Abo drei Monate lang für nur € 4,50

oder upgraden Sie Ihr bestehendes Print-Abo für nur € 10,00.

Ihr Account wird sofort freigeschaltet!