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Gabriel Fauré – Lucas Debarque

Gabriel Fauré – Lucas Debarque

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Paradoxer Pedalnebel

Untertitel
Repertoire-Raritäten für Klavier, vorgestellt von Juan Martin Koch
Vorspann / Teaser

Wenn man Lucas Debargue die neun Préludes op. 103 von Gabriel Fauré live spielen hört, nimmt sein tastender, quasi improvisierender Zugriff mitunter jazzige Züge an. Als würden Melodiefragmente erst nach und nach Gestalt annehmen und ihr harmonisches Gerüst finden, so klingen einige dieser Miniaturen, mit denen Fauré sich 1910 harmonisch ziemlich weit ins 20. Jahrhundert vorwagte. Etwas von diesem aus dem Moment heraus empfundenen Gestus hat Debargue sich erfreulicherweise auch in seiner Studio-Einspielung sämtlicher Klavierwerke Faurés bewahrt. 

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Technisch über jeden Zweifel erhaben arbeitet er die subtilen Mittelstimmenverflechtungen dieser auf kleinem Raum viel Dichte erzeugenden Werke mit größtmöglicher Klarheit heraus, ohne kühl oder unpersönlich zu werden. Weil sich Faurés pianistisches Œuvre beinahe über seine komplette Schaffens­zeit, nämlich von etwa 1863 bis 1921 erstreckt, kann man anhand dieser auch aufnahmetechnisch gut gelungenen 4-CD-Box seine stilistische Entwicklung bestens nachvollziehen. Debargue lotet dabei nicht nur die als „Nocturnes“ nur unzureichend charakterisierten düster-grübelnden Werke aus, sondern brilliert auch in den nur auf den ersten Blick vordergründig-virtuosen Valse-Capricen. Wie er gegen Ende der zweiten dieser Walzer-Erkundungen einen paradoxen Pedalnebel herstellt, der die Konturen schärft, statt sie zu verunklaren, das ist große Klavierkunst. (Sony)

Ganz so substanzreich ist die Ausbeute bei Guillaume Lekeu, der in seinem kurzen Leben (1870–1894) einige bemerkenswert frühreife Werke komponierte (darunter eine wunderbare Violinsonate für Eugène Ysaÿe), leider nicht. Dennoch ist die pianistisch solide Aufnahme seiner Klavierwerke auf zwei 50-minütigen CDs durch Jacopo Salvatori natürlich höchst willkommen. Aufhorchen lassen dabei vor allem die eigensinnige, fünf Sätze (davon zwei Fugen) umfassende g-Moll-Sonate und das zweite Buch der „Morceaux égoïstes“. Wo die übrigen „egoistischen“ Stücke des ersten Buchs abgeblieben sind und was es mit dem Hinweis auf sich hat, die einzig hier eingespielte Nummer IV daraus sei „von Arturo Benedetti Michelangeli ausgewählt“ worden, darüber schweigt sich der Pianist in dem von ihm selbst verfassten Booklet leider aus. Immerhin gibt er zu, dass es möglicherweise weitere Manuskripte von Klavierstücken geben könnte, derer er noch nicht habhaft werden konnte, und setzt somit ein kleines Fragezeichen hinter den Titel „Complete Piano Works“ dieser Doppel-CD. (Piano Classics)

A propos frühreif. Die Brüder Roman und Oleksandr Fediurko waren gerade einmal 18 und 13 Jahre alt, als sie ihre pianistisch und gestalterisch bemerkenswert ‚erwachsene‘ CD „Kaleidoskope“ aufnahmen. Oleksandr war seinem älteren Bruder nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine zum Studium nach Graz gefolgt. Die Solobeiträge auf diesem bunt gemischten Album mit Werken von Scarlatti, Mendelssohn, Schumann, Saint-Saëns, Albéniz und anderen teilen sich die beiden brüderlich, wobei ein nicht erklärtes Symbol im Booklet etwas Verwirrung bei der Zuordnung stiftet. Erfreulicherweise machen sie uns auch mit der pianistisch dankbaren Musik ihrer Landsleute Wiktor Kossenko und Lewko Rewuzkyj bekannt und nehmen für drei Nummern gemeinsam am Flügel Platz. Hier macht vor allem Myroslaw Skoryks Jazz-Paraphrase über Beethovens „Für Elise“ Laune. (Ars Produktion)

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