Die Trikont-Aufnahme „BavaRio“ dient dem kalifornischen Professor George Lipsitz als Einstieg, um den kulturellen Verwicklungen in Zeiten der Globalisierung nachzuspüren. Entstanden ist das spritzige Album 1989, unter anderem mit dem Hackbrett-Virtuosen Rudi Zapf. Nach einem Südamerika-Aufenthalt hat der Gitarrist Wolfgang Netzer damals mit Zapf und Lothar Lägel bayerische Volksmusik mit brasilianischen Samba-Rhythmen kombiniert, gekreuzt. Den Musikern war brasilianische Tanzmusik eigenartig vertraut vorgekommen. Nachforschungen ergaben, dass deutsche Auswanderer Anfang des Jahrhunderts Polkas, Landler und Walzer in die Musik Brasiliens, die bereits aus der Kreuzung verschiedener kultureller Einflüsse entstanden war, eingebracht hatten.
Lipsitz aber geht es in dem spannenden Reiseführer durch verschlungene Pop- und Weltmusikwelten keineswegs nur um eine Bestandsaufnahme. Anhand von Musikbeispielen, wie Paul Simons wegen seiner südafrikanischen Anleihen vielgepriesenem, aber auch kritisiertem „Graceland“-Album, und Musikern dröselt er auf, was passiert, wenn heute der musizierende Schamane aus der inneren Mongolei auf den „Worldmusic“-Produzenten aus Berlin trifft. Wenn die Gier der Konsumenten nach dem exotischen Kick nach ein, zwei einträglichen CDs und Tourneen wieder abgeschlafft ist, hat der „Mohr seine Schuldigkeit getan“ und wird nach Hause geschickt.
Andererseits setzt Lipsitz, der in San Diego „Ethnic Studies“, also Volkskunde lehrt, auch darauf, dass Menschen, die ausgegrenzt und unterdrückt sind, über Musik zueinander finden und gemeinsam handeln. Viele Popstars und Musiker transportier(t)en ihre Ideen und Vorstellungen über ein nichtrassis-tisches, menschenfreundliches und gleichberechtigtes Leben musikalisch.