Aktuell im Portrait der Edition Zeitgenössische Musik: der in Cleveland geborene, momentan in Detmold Komposition lehrende Mark Barden +++ Keine Sorge: Im Falle von Soundspaces handelt es sich weder um Synthie-geschwängerte Klang-Narkosen noch um Novitäten akusmatischer Musik. +++ Einer der auffälligsten Alleingänge verdankt sich Ricard Capellino Carlos und seiner Einspielung von Alberto Posadas’ Saxophon-Zyklus „Veredas“ (2014-18)
Aktuell im Portrait der Edition Zeitgenössische Musik: der in Cleveland geborene, momentan in Detmold Komposition lehrende Mark Barden. Er schreibt eine ungemein konzentrierte und zugleich vielgestaltige Musik, die mit mikroskopischer Feinjustierung die Ränder des Klingenden erkundet. Der „normale“ Ton ist da eher verstörendes Ereignis in geräuschintensiven Instrumentaltexturen, die an der Wurzel der Klanggebung ansetzen. Besonders eindrucksvoll und farbintensiv geschieht das in größer besetzten Stücken wie „aMass“ für verstärktes Nonett (2015), das mit tonlosen Rauschklängen als dünnhäutiges Gewebe beginnt und sich via Riesen-Crescendo in eine lärmende Klang-Massierung hineinsteigert. Das Hören an den Grenzen der Wahrnehmbarkeit schärfen – das wird fundamental effektiv betrieben auch in so mancher Duo-Besetzung, die intrikate Verschmelzungs- und Differenzierungsprozesse in den Randbezirken des Stofflichen betreiben: mit Bassflöte und Bassklarinette im impulsiven „personae“ (2009), mit Piccoloflöte und Fagott im mikrotonal schwebenden „lamentoso“ (2016) oder von Ashot Sarkissjan (Violine) und Séverine Ballon (Violoncello) in „cleft“ (2017) geradezu zelebriert. Beeindruckend, aber besonders hier wird der Einfluss Rebecca Saunders auch unüberhörbar. Überraschend aus dem Rahmen fallen die „Études 1-3“ (2017), deren entfesselte Virtuosität einen völlig anderen Komponisten vortäuscht. (Wergo)
Keine Sorge: Im Falle von Soundspaces handelt es sich weder um Synthie-geschwängerte Klang-Narkosen noch um Novitäten akusmatischer Musik. Sascha Armbruster (Saxofone) und Johannes Schwarz (Fagotte) haben im ersten gemeinsamen CD-Projekt spannende Synthesen von Instrumentalmusik und Elektronik auf den Weg gebracht, die sich handverlesenen Auftragskompositionen verdanken. Instrumentale Höhenflüge und deren elektronische Transformationen bilden hier eine unzertrennliche Hybris, fachkundig gesteuert von Sebastian Schottke, seines Zeichens Tonmeister und Klangregisseur am ZKM Karlsruhe. Welche Energiepotentiale diese hybriden „Klangräume“ beherbergen, demonstriert gleich zu Beginn Steingrimur Rohloffs „Druck“ (2010). Die Klang-Kräfte, die sich hier in konvulsivischen Entladungen freisetzen, machen dem Titel des Stücks alle Ehre. Der komplexeste und expressivste Beitrag verdankt sich Sascha Dragicevics „Symbiosen“ (2011/19). Sie driften mit lianenartig verschlungenen Klangprozessen in Momente abgründiger Virtuosität hinein – eine gestalterische Tour de Force für Armbruster und Schwarz. Das quasi organische Wuchern der Materie ist im Spannungsfeld von präkonstruierten Formproportionen und spontanen Setzungen elektronischen Energieschüben ausgesetzt, die alles Klingende immer wieder in explosive Verdichtungen hineintreiben. Atmosphärische Scharniere zwischen den Kompositionen bilden die vier „Schwellen“ (2017) von Paul Frick, die die ästhetischen Errungenschaften digitaler Club-Electronica hier mit pulsierender Vielfarbigkeit und rhythmischem Flow gewinnbringend interpolieren. (Orlando Records)
Produktionen mit Werken für Soloinstrumente haben Hochkonjunktur in kontaktbeschränkten Zeiten (insbesondere bei Kairos). Einer der auffälligsten Alleingänge verdankt sich Ricard Capellino Carlos und seiner Einspielung von Alberto Posadas’ Saxophon-Zyklus „Veredas“ (2014-18): eine faszinierende Wanderung über verschlungene Klang-Pfade, die an Sprachbildern der Dichtung von Jose Angel Valente orientiert ist und einer abenteuerlich diffizilen Reise in die Möglichkeiten des Saxophonspiels gleichkommt. Carlos hat dieses „Wunderwerk der Spieltechniken und Klang(er)findungen“ (Lydia Jeschke im Booklet) in enger Zusammenarbeit mit Posadas entwickelt und nimmt uns auf allen Instrumenten der Saxophonfamilie mit in eine schattenhafte Welt des Augenblicks: durch ornamentale „Ruinen“, „Gebrochene Fragmente“, die rhythmisch pulsieren, durch monochrome Wüsteneien in Zirkularatmung, Dunkelheiten bevölkert mit fratzenhaften „Objekten der Nacht“, dschungelhafte Figuren-Wirrnis („Arietta“) oder an die „Grenze“ zum Nichts mit zwielichtig eingetrübten Impulsen des Basssaxophons. Geheimere Welt … (Kairos)