Neue Musik von und mit: Misato Mochizuki, Trio Imàge, Trio Catch, Nikolaus Brass, Peter Maxwell Davies.
Der Einakter „The Lighthouse“ von Peter Maxwell Davies, eine der packendsten Opern der letzten Jahrzehnte, ist nun in einer Aufnahme von 1994 unter der Leitung des Komponisten erneut veröffentlicht worden. Alte Seemannssagen von Meerungeheuern und die psychologische Innensicht der drei Männer verschmelzen in diesem Gespensterstück, das an der Trennlinie zwischen menschlicher Verstandeswelt und übernatürlichen Kräften angesiedelt ist. Die drei Sänger, die sowohl die Wächter als auch die nachforschenden Beamten darstellen, und die Mitglieder des BBC Philharmonic Orchestra verleihen der permanent angespannten Musik scharfes Profil. (Naxos 8.660354)
Nikolaus Brass ist ein Komponist der konsequenten Introspektion, was nicht mit Flucht ins Nirwana verwechselt werden darf. Seine ruhigen, präzis geformten Klänge, die sich unvermittelt zum Katastrophischen ausweiten können, eröffnen Perspektiven philosophisch-religiöser Art, die sich ohne bewusste Wahrnehmung und wachen Verstand nicht erschließen würden. In den beiden Werken „Zeit im Grund“ und „Von wachsender Gegenwart“, die das Klarinettenduo Zelinsky/Smeyers und das Münchner Kammerorchester unter Alexander Liebreich eingespielt haben, begegnet man einer empfindungsstarken Musik, die hartnäckig um den verborgenen Punkt kreist, den Worte nicht erreichen können. Die darauf verweisenden Kernbegriffe „Präsenz“ und „Gegenwart“ erinnern an die Essays von George Steiner. (Neos 11112)
Das Trio Catch, bestehend aus Klarinette, Cello und Klavier und benannt nach einer Komposition von Thomas Adès, bringt auf seiner ersten CD eine stilistisch breite Auswahl von Werken zu Gehör. Sie stammen von acht namhaften Komponisten, von Donatoni und Feldman über Younghi Pagh-Paan bis zu Mark Andre. Technische Brillanz, ein ausgeprägter Sinn für klangliche Extras und hörbare Spielfreude zeichnen die Interpretationen aus. Die drei Musikerinnen Boglárka Pecze, Eva Boesch und Sun-Young Nam haben sich in der Internationalen Ensemble Modern Akademie kennengelernt, einer ersten Adresse für das Training von qualifiziertem Interpretennachwuchs. Ihr zupackendes Spiel wird durch die tadellose Aufnahmetechnik ins beste Licht gerückt. (Col legno WWE 1CD 20424)
Und gleich noch ein junges Trio, diesmal mit Violine, Cello und Klavier: Das Trio Imàge, bestehend aus Gergana Gergova, Thomas Kaufmann und Pavlin Nechev, hat die Werke von Mauricio Kagel für diese Besetzung eingespielt. Entstanden 1984/85, 2001 und 2006/07, sind sie markante Beispiele für den Spätstil Kagels: akribisch auskomponiert und traditionelle Gesten auf abgründige Weise in seine eigene Ausdruckswelt übertragend. Die tief ernste, zwischen schwarzem Ausbruch und depressiver Reflexivität pendelnde Musik bringen die Interpreten auf kongeniale Weise zum Klingen: mit feurigem Ausdruck, Konzentration auf das geschärfte Detail und souveräner Zeitgestaltung. Das Wort „atemberaubend“ ist für diese Aufnahmen nicht zu hoch gegriffen. (Avi-music 8553278)
Licht und Klang sind für die japanische Komponistin Misato Mochizuki die am besten geeigneten Medien, um eine Verbindung von unserer sinnlichen Welt zum unsichtbaren, von Energie erfüllten Raum herzustellen, der in fernöstlicher Sicht den Menschen umgibt. In ihrer „Etheric Blueprint Trilogy“, entstanden 2002 bis 2006 und uraufgeführt mit Lichtinstallationen, hat sie ihre Vorstellungen und Emotionen kompositorisch festgehalten. Die drei Stücke faszinieren als klangliche Erscheinung, sind mit europäischen Kriterien aber nur begrenzt zu fassen. Sich langsam verändernde Texturen, bewegliche Klangflächen und klar konturierte Einzelereignisse, aber auch dramatische Verdichtungen prägen das Bild der durchaus narrativ angelegten Musik. Zwei von Mayumi Miyata auf der Shô geblasene Gagaku-Stücke aus dem 10. Jahrhundert binden Mochizukis Ideenwelt an die Tradition an. (Neos 11403)