Musik von Gloria Coates, David Philip Hefti, Daniel Smutny und Gerald Resch.
Die neun Streichquartette der in München lebenden Amerikanerin Gloria Coates, die zwischen 1966 und 2007 entstanden sind und ihr Werk wie ein roter Faden durchziehen, bilden einen Klangkosmos von eindrucksvollen Dimensionen. Strenge, oft kanonisch basierte Konstruktion, eine Vorliebe für weit gedehnte Formverläufe und ein geschärftes Raumempfinden, das sich in atemberaubenden Zeitlupenglissandi artikuliert, schaffen eine Atmosphäre, in der sich Irrealität und Vertrautheit paradox mischen. Eine überaus suggestive Musik, die nicht durch emotionalen Hochdruck oder psychedelische Effekte, sondern durch den Appell an die genaue Wahrnehmung in ihren Bann zieht. Die Werksammlung wartet laufend mit Überraschungen auf, so etwa das extravagante siebte Quartett mit Orgel, das in Ives’scher Manier kurze Liedmelodien verarbeitet. Das englische Kreutzer Quartett bringt die Werke in dieser Dreierkassette mit optimaler Transparenz und Präzision zum Klingen. (Naxos 8.503240)
Auf dem Weg zu einer persönlichen musikalischen Sprache befindet sich auch der 1975 geborene David Philip Hefti in den vier Streichquartetten, die das Leipziger Streichquartett eingespielt hat. Mit den üblichen, vom Arditti Quartett als Norm gesetzten Spielweisen entwickelt er Klangbilder, die zwischen Versunkenheit, aggressiver Brillanz und Witz angesiedelt sind. Mit Traditionselementen spielt er meist auf versteckte Weise und verfremdet sie klanglich oder durch harte Kontraste. Im zweiten Quartett, Variationen über ein Schweizer Volkslied, praktiziert er damit eine unsentimentale Nostalgie in der Art von Heinz Holligers Heimatstücken. Lebhafte Kontraste prägen die sieben Sätze des auf Brahms rekurrierenden dritten Quartetts, das einsätzige vierte vereint unterschiedliche Perspektiven auf historische und gegenwärtige Satzmodelle in einem einzigen, episodenhaft unterteilten Satz. (MDG 307 1773-2)
Die Stücke von Daniel Smutny tragen Titel wie Klaviersonate, Symphonie, Divertimento und Streichquartett, und diese Gattungstradition suggerierenden Formhülsen füllt er wiederum mit satztechnischen und musiksprachlichen Versatzstücken aller Art. Ein gekonntes Retrokomponieren, das dem Hörer laufend Bekanntes anbietet, um ihn im nächsten Moment zu enttäuschen, weil es anders weitergeht als er erwartet. Die Montageverfahren der Stilzitate und erinnern an die Neoklassizisten oder an Charles Ives; anders als bei diesem fehlt hier aber der konsistente geistesgeschichtliche Hintergrund, der sie legitimieren könnte. Ob die dialektischen Erklärungen im Booklet weiterhelfen können, um den Eindruck einer neokonservativen Ästhetik zu zerstreuen, ist die Frage. (Wergo 6586 2)
Ein Tonfall von milder Expressivität durchzieht die Werke, die auf der Porträt-CD des Österreichers Gerald Resch versammelt sind. In den beiden Ensemblewerken und der Orchestertrilogie mit Chor ad libitum „Cantus Firmus“ bevorzugt er die im traditionellen Sinn gut klingenden, mittleren und tiefen Instrumentallagen. Geräuschhafte Klangfarben sind ihm fremd, einzig im Klarinettensolo „Figuren“ tauchen einige wohlgesetzte, keineswegs dissonant klingende Multiphonics auf. In dieser mittleren Sprechlage entfaltet sich eine gestenreiche Musik, die sich durch motivische Verarbeitungstechniken zu größeren Formverläufen aufschwingt. Auch hier ein Blick zurück, allerdings auf zwanglosere Weise und ohne theoretischen Überbau. Der erstrebte persönliche Ausdruck wird manchmal aber doch vom Déjà-vu der Machart neutralisiert. (Kairos 0013282) ¢