Andrea & Giovanni Gabrieli: A New Venetian Coronation 1595. Gabrieli Consort & Players, Ltg.: Paul McCreesh. +++ Canto Oscuro: Bachbearbeitungen von Busoni, Siloti; Suite 1922 von Hindemith; Chaconne von Gubaidulina; Anna Gourari+++ Baroque Music In The 21st Century
Andrea & Giovanni Gabrieli: A New Venetian Coronation 1595. Gabrieli Consort & Players, Ltg.: Paul McCreesh.
Signum Records SIGCD 287 (Vertrieb: Note 1)
Diese hypothetische Rekonstruktion eines historischen Ereignisses samt Geräuscheffekten (Glocken läuten, Füße scharren, Feuerwerkskörper explodieren, sogar ein Weihrauchkessel wird geschwungen) hat McCreesh vor 25 Jahren schon einmal versucht – mit erstaunlichem Erfolg übrigens. Nun, mit vielen neuen Detailerkenntnissen gerüstet, legt er nach und entfaltet virtuoser denn je den ganzen äußeren und inneren Reichtum der musikalischen Spätrenaissance. Und wir dürfen ein festliches Hochamt in der venezianischen Markuskirche miterleben.
Mátyás Kiss
Canto Oscuro: Bachbearbeitungen von Busoni, Siloti; Suite 1922 von Hindemith; Chaconne von Gubaidulina; Anna Gourari
ECM 476 4661
Anna Gourari deckt das selbstbewußte Klaviervirtuosentum heutiger Pianisten bewundernswert ab. Ihrem makellosen Spiel stehen die Erfolgswege offen. Aber ergeben sich durch eine derart praktizierte Unerschrockenheit nicht auch Mißverständnisse? Gouraris Anschlag schmeichelt mal innig – bei Bach-Busonis Chorälen mit altmodisch nachschlagender Begleitung –, überrumpelt dann hart zupackend in deren Chaconne. Wirkungsvoll großkonzertante Gestik überdeckt Hindemiths sachlich gemeinte Kühle. Kontrasthaltungen beherrschen die CD und provozieren Fragen.
Hanspeter Krellmann
Baroque Music In The 21st Century
WINTER UND WINTER 910 201-2
Selbst wenn Theodor W. Adorno, schärfster Kritiker aller Schöner-und-Schönster-Stellen-Kompilationen-Konsumierer, aus seinem Grab heraus steigen würde, um abzustrafen: Dieses Produkt ist so wunderbar, so aufgeklärt und informiert, dass im nachzelebrierten Zeitalter „der ganzen Welt der Barockmusik“ selbiger tatsächlich Gerechtigkeit widerfährt. Wer einwenden wollte, dies sei einzig ein reines und dazu noch käuflich erwerbbares Werbeprodukt für Winter-und-Winters-Top-Ästhetik, dem sei das zugestanden. Doch auf welcher Silberscheibe findet sich schon so viel intelligenter Facettenreichtum, so reichlich musikalische Phantasie und Phantastik für die Klanggewinnung eines musikalisch wesentlichen Kapitels der Musikgeschichte wie hier, wo sich Bestes von der „Freitagsakademie“ bis zu „Il Suonar Parlante“, von Teodoro Anzelotti bis Uri Caine, von Monika Mauch bis Windsbacher Knabenchor versammelt, von Attilio Ariosti bis Johann Sebastian Bach, von Antoine Forqueray bis Giovanni Kapsberger, von Henry Purcell bis Dario Castello, um in der Tat zum Jauchzen und zum Frohlocken zu animieren – nicht zuletzt erst weil sich schließlich die schönen und die schönsten Stellen ja in ihre jeweiligen Gesamtzusammenhänge hinein transferieren lassen – via Winter-und-Winter-Gesamtkatalog …
Wolf Loeckle