Jean-Marie Leclair: Violinsonaten +++ Henryk Szeryng: Rediscovered (Bach, Brahms, Bartók, Lees) +++ 1923: Bartók–Krenek–Toch–Weill. Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Jean-Marie Leclair: Violinsonaten, 3. Buch op. 5. Adrian Butterfield, Violine; Sarah McMahon, Cello; Silas Wollston, Cembalo. Naxos
Vom Geigenvirtuosen Leclair wissen Musikliebende meist nur, dass er ein gewaltsames Ende fand. Seine Musik führt im Konzertsaal eher ein Schattendasein. Auf CD tut sich dagegen einiges: Schon lange vor Leyla Shayeghs Aufnahme der 12 Violinkonzerte, nämlich 2008, hat der englische Barockgeiger Adrian Butterfield mit seiner Gesamtschau aller Violinsonaten begonnen, die nun auf acht Einzel-CDs vorliegt, von denen allein drei auf das krönende dritte Buch Opus 5 entfallen, das 1734 Ludwig XV. gewidmet wurde. Es bleibt schleierhaft, warum diese zeitlos gute Musik, eine ideale Verschmelzung des italienischen und des französischen Geschmacks, so lange links liegen gelassen wurde – und warum Adrian Butterfield hier immer noch so unbekannt ist. [Mátyás Kiss]
Henryk Szeryng: Rediscovered (Bach, Brahms, Bartók, Lees). Rhine Classics (2 CDs)
Rhine Classics ist längst weltweit bekannt für seine exzellenten Produktionen historischer Geiger- und Pianisten-Aufnahmen. Mastermind hinter allem ist Emilio Pessina, der sowohl für die Auswahl als auch für das superbe Remastering verantwortlich zeichnet. Eine Doppel-CD präsentiert Henryk Szeryng live in den Jahren 1962–63, auf der absoluten Höhe seiner Strahlkraft, mit Violinkonzerten von Brahms, Bartók (Nr. 2), Bach (a-Moll), Szymanowski (Nr. 2) sowie – so herausragend wie unbekannt – dem jüdischen US-Amerikaner Benjamin Lees (1924–2010). Mit dem Boston Symphony Orchestra unter Erich Leinsdorf gelingt es, das dissonant freitonale, kompakt strukturierte Konzert fesselnd „wie aus einem Guss“ und mit zeitweise entrückter Lyrik vorzutragen – eine Referenzaufnahme, wie auch die des zweiten Szymanowski-Konzerts aus Genf unter Ernest Ansermet. [Christoph Schlüren]
1923: Bartók–Krenek–Toch–Weill. Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. BR-Klassik
Wer in den zwanziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts in Komponistenkreisen etwas auf sich hielt und zeitgeistig vorne mitspielen wollte, der kam ohne Jazz-Elemente nicht aus. Was in vielen Fällen gut gemeint und nicht mehr als das war. Hundert Jahre später denken nicht nur die Kulturhistoriker an eine Zeit der Tänze ums goldene Kalb. Die sich den Blick in die Zukunft schlitzäugig eng einstellte und sich an der Erfindung des Radios erfreute. Vor diesem Hintergrund ediert BR-Klassik den „wilden sound der 20er“ mit Musik von Bartók (Tanz-Suite), Krenek (Drei gemischte Chöre), Toch (Tanz-Suite) und Weill (Frauentanz). [Wolf Loeckle}