unüberhörbar 2024/03

1

Peter Benoit: Heaven and Hell. Antwerp Symphony Orchestra. fuga libera 

Eine kleine Box mit fünf CDs, die mit Sicherheit die Herzen versierter Choristen und Liebhaber des Oratoriums höher schlagen lässt. Denn die Werke des belgischen Komponisten Peter Benoit (1834–1901) sind hierzulande nicht allein wegen der Sprachbarriere nahezu unbekannt: Viel zu sehr hatte sich das Repertoire auf nur eine Handvoll Werke reduziert; erst seit einiger Zeit kommen wenigstens einige andere deutschsprachige Partituren wieder zum Vorschein (Schneider, Spohr, Bruch u.a.). Wie fern erscheinen da erst die Werke der belgischen Nachbarn! Zwischen 1858 und 1873 schrieb Benoit das Oratorium „De oorlog“ (Der Krieg, dreiteilig), „Lucifer“, „Kerstmis“ (Weihnachten), eine Missa, ein Te Deum und ein Requiem. Aus der Chorsinfonik herkommend und später von Wagnerismen durchzogen, handelt es sich um erstaunlich originelle und interessante Musik. Versammelt sind sehr ordentliche Live-Mitschnitte aus den Jahren 2015 bis 2022, die auch durch ihre Atmosphäre wirken. — Michael Kube

2

Veljo Tormis: Reminiscentiae. Estonian Philharmonic Chamber Choir, Tallin Chamber Orchestra, Tõnu Kaljuste. ECM New Series

Persönliches und kollektives Gedächtnis für die nationale Kultur in Estland waren für den Chorkomponisten Veljo Tormis eine untrennbare Einheit. Ob in der Betrachtung „Die Turmglocke meines Dorfes“, symbolisch für resistenten Glauben und in den klaren Stimmen zugleich liturgisch und sugges­tiv, den „Melancholischen Liedern“ mit nachtrauernden Kindheits-Sujets oder dem klangpoetischen Jahreszeiten-Zyklus „Reminicentiae“ für Streicherensemble und Solisten: Sein langjähriger Förderer und Gefährte Tõnu Kaljuste ist unerschütterliche Premium-Instanz zur Präsentation dieses einzigartigen estnischen Vokalerbes. — Hans-Dieter Grünefeld