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Viel Feelsaitiges

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Jazzneuheiten, vorgestellt von Marcus A. Woelfle
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Würden Alben wie Weine nach Jahrgängen beurteilt, gälte 2015 als guter Gitarren-Jahrgang.

Philipp Stauber gelang vor fünf Jahren mit „Foolish Hearts“ der Sprung von regionaler zu internationaler Beachtung. Erst heuer legt der fingerfertig-feinnervige Meis­ter der kultiviert swingenden Mainstream-Gitarre in gleicher Besetzung – Till Martin (ts), Henning Sieverts (b), Bastian Jütte (dr) und Jan Eschke (p) – nach. Wie guter Wein im Laufe der Jahre reift, ist er mit seinen langjährigen Weggefährten auf „Sugar“ noch mehr zu einer Einheit verschmolzen. Ihre Kommunikation beglückt nicht nur dort, wo ein ausgefeiltes Arrangement vorliegt wie in „Will You Still Be Mine“ – ein Gruß an seinen Lehrer Howard Roberts – sondern gerade auch dort, wo man sich ganz auf das gegenseitige Gedankenlesen verlässt, etwa in der Ballade „When I Fall In Love“ – wie überhaupt Stauber mit Fantasie und Feeling gerade immer wieder dort aufhorchen lässt, wo man es mit scheinbar zu Tode gespielten Standards von Autoren wie Victor Young oder Jimmy Van Heusen zu tun hat (GLM).

Ein besonders bemerkenswerter Jahrgang ist 2015 für Gypsy Swing. Authentischen Swing à la Django, nicht nur wegen der in Besetzung, Stilistik und Repertoire traditionellen Haltung (ein Song von George Benson ändert daran nichts), sondern gerade auch wegen der Innigkeit der Empfindung bietet eine schlicht „Live“ betitelte Sternstunde der Dorado + Amati Schmitt Group. So viele eifern der Technik des Übervaters Django Reinhardt nach. Herz kann man nicht imitieren; das hat man, oder eben nicht. Hier hört man endlich wieder, wie einer von Reinhardts herausragenden Erben, Dorado Schmitt mit seinem glänzend herausschwingenden Silberton, nicht nur erstaunt, sondern berührt, und das vor allem in Balladen. Und so erlebt man glutvolles Musizieren, bei dem die in diesem Genre so wichtige wieselflinke Virtuosität wie die selbstverständlichste Nebensächlichkeit daherkommt. In der zweiten Hälfte wechselt er zur Violine, was ihm erlaubt, seinen Sohn gitarristisch in den Scheinwerfer zu rücken. (Stunt)

Für „Guitar Heroes“ lud Joscho Stephan drei Kollegen zum Spitzentreffen. Biréli Lagrène und Stochelo Rosenberg, eine experimentierfreudige und eine eher konservative Legende des Gypsy-Jazz und dem Australier Tommy Emmanuel, dessen Fingerstyle aus unterschiedlichen Quellen schöpft, und dem Album mit Western Swing-Einschlag oder unerwartetem Repertoire (Harrisons „Something“) unerwartete Noten gibt. Mit allen Wassern gewaschene Virtuosen sind sie alle vier und so erstaunt es nicht, dass die Duette mit staunenswerten akrobatischen Schlagabtauschen aufwarten. Doch nicht wegen der sportiven Hochleistungsshow (die uninteressant wäre, handelte es sich nicht auch um inspirierte, erfrischend spontan gebotene Musik) heißt das Album „Guitar Heroes“, eher schon wegen eines von Charlie Christian über Luiz Bonfá bis Jimi Hendrix reichenden Repertoires mit Django als primus inter pares (MGL).

Einem anderen Helden der Gitarre, der die Grenzen zwischen Mainstream und Avantgarde, Europa und Amerika komponierend, unterrichtend und im doppelten Wortsinne spielend überbrückte ist „Message To Attila. The Music of Attila Zoller“ gewidmet. In zwei Jahren entstand diese feelsaitige Hommage, auf der seine Weggefährten und Schüler – stellvertretend herausgegriffen seien die Gitarristen Pat Metheny, Jim Hall, Gene Bertoncini, John Abercrombie, Helmut Kagerer, Mike Stern, Peter Bernstein und Organisator David Becker – Kompositionen des unvergessenen Ungarn interpretieren und ihren Freund mit gesprochenen Grußworten ehren. Ein runder Geburts- und Todestag ist nicht in Sicht. Ein Werk reiner Dankbarkeit und Liebe – und wo sie sich mit Können vereinen, gesellt sich auch Inspiration förderlich hinzu (enja).

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