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Es gibt sie also immer noch. Die Gorillaz. Die wahrscheinlich am längsten existierende virtuelle Band der Welt.
Es gibt sie also immer noch. Die Gorillaz. Die wahrscheinlich am längsten existierende virtuelle Band der Welt.
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Virtuelle Bands, digitale Songwriter

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Neuerscheinungen der Popindustrie, vorgestellt von Sven Ferchow
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Es gibt sie also immer noch. Die Gorillaz. +++ AnnenMayKantereit veröffentlichen mit „Es ist Abend und wir sitzen bei mir“ ein komisches Album. +++ Luis Mayberg Raue, kurz Mayberg, verkörpert auf seinem Album „MINI“ schon ein wenig den zeitgemäßen Popkünstler schlechthin. +++ Ja! Bitteschön! Wer wissen möchte, wie Süd-London klingt, der möge sich sofort „Food For Worms“ von Shame besorgen +++ Um es vorwegzunehmen: Godsmack, die alten Hardrock/Heavy Metal Gäule treten mit „Lighting Up The Sky“ keine Revolution los, …

Es gibt sie also immer noch. Die Gorillaz. Die wahrscheinlich am längsten existierende virtuelle Band der Welt. „Cracker Island“ nennt sich das Album der digitalen Truppe, die Damon Albarn (Blur) und Zeichner Schrägstrich Grafiker Jamie Hewlett einst erfunden haben. Und: sie ziehen es durch. „Cracker Island“ ist das mittlerweile achte Album. Auch diesmal dominiert ein sehr eigenartiger, alleinstehender elektronischer Club-Sound das Geschehen. Man bleibt wie immer bei den Gorillaz im Ungewissen. Kann man dazu tanzen? Oder kommt dann die Alternative-Polizei? Die Songs oder sollte man sagen – die elektronischen Chansons – lassen sich auch atmosphärisch kaum festlegen. Da gibt es melancholische, fast großartige Momente (Oil), da gibt es aber auch verzichtbare Passagen (New Gold). Unterstützung bekamen die virtuellen Gorillaz übrigens von Stevie Nicks, Tame Impala oder De La Soul. Insgesamt ist dann aber doch das drin, was man von außen erwartet. (Parlaphone Records)

AnnenMayKantereit veröffentlichen mit „Es ist Abend und wir sitzen bei mir“ ein komisches Album. Musikalisch irrlichtern da Popnummern, Rocksongs und südamerikanisch angehauchte Schmonzetten (Als ich ein Kind war) durch das Album. Überhaupt klingt das Album nicht nach Album, also aus einem Guss. Vielmehr hat man oft den Eindruck, die Kölner hatten hier und da noch eine Idee, die man um ein Sample, eine elektronische Eingebung oder einen digitalen Fetzen, die man allesamt noch um ein paar Songwriting Einfälle gruppieren wollte. Kaum ein Song bleibt im Ohr (Ausnahme: der semi-Rocker „Katharina“), kaum ein Lied schafft Bleibendes. Die überbetonte Unaufgeregtheit, die aufwändig fabrizierte Lässigkeit, das sind die Aufpassstellen des Albums. Kann man mögen. Muss man aber nicht. (AnnenMayKantereit Records)

Luis Mayberg Raue, kurz Mayberg, verkörpert auf seinem Album „MINI“ schon ein wenig den zeitgemäßen Popkünstler schlechthin. Alles stammt aus einer, seiner Hand. Musik, Texte, Aufnahme, Produktion, Arrangements. Das hat Charme, sogar einen verdammt sperrigen. Die acht Songs bohren sich ins Unterbewusstsein. Dabei setzt Mayberg weniger auf Melodien, es ist der Gesamteindruck, der stutzig macht. Wo war noch mal die Stelle, als es irgendwie abwärts ging? War das in „Jim Beam“, am Ende von „Hilferuf“ oder während „Wien“? Textlich kennt sich Luis Mayberg Raue übrigens sehr gut mit dem Genre Wortspiel aus. Versteckt, ohne Ankündigung kommen sie daher. Oft erst beim dritten Mal klar zu identifizieren. Einfach nur cool. (Mayberg)

Ja! Bitteschön! Wer wissen möchte, wie Süd-London klingt, der möge sich sofort „Food For Worms“ von Shame besorgen. Punk im Herzen, die Zunge von Sänger Charlie Steen am rechten Fleck. So gestaltet sich das dritte Album der Engländer als Punkkunstwerk. Nicht die Schnelligkeit oder die begrenzte Akkordauswahl betreffend. Es ist der Rotz, der Dreck, das Gelbe aus dem Magen, das Rote in den Augen und die Wut über alles. Selbstverständlich werden Shame so niemals Multimillionäre, aber sie leben und spielen in der Gewissheit, vielen Menschen aus der Seele zu schreien. Und bitte den Begriff Punk nicht verwechseln. Mit den Sex Pistols hat das wenig zu tun. Shame sind eigene Punks. (Dead Oceans/Cargo)

Um es vorwegzunehmen: Godsmack, die alten Hardrock/Heavy Metal Gäule treten mit „Lighting Up The Sky“ keine Revolution los, sie erfinden nichts Neues und bessere Hardrocksongs hat man ohne Zweifel auch schon gehört. Dennoch ist „Lighting Up The Sky“ ein nicht unerhebliches Album. Dass bei Godsmack und damit stellvertretend im gesamten Genre alles so bleibt wie es war, kann man nur als wohltuend und verlässlich bezeichnen. Endlich etwas, das sich nicht neu erfindet, neu benennt oder Neues sucht. Natürlich ahnt man bei „Lighting Up The Sky“ nahezu jedes Gitarrenriff voraus, kann Wetten abschließen, wann das Solo beginnt und textlich lässt sich ganz hervorragend das altbekannte Metal-Lyrics-Bingo spielen (Surrender, Draw the line, I feel it, I need it, forgive me, you’ve changed my life…). Aber wen kann das bitte stören? Godsmack gehören zu jenen, die Gott sei Dank das tun, was man von ihnen erwartet. Deshalb maximale Punktzahl für dieses Album. (BMG)

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