Aktuelle Tonträger von: Snow Patrol, Leonard Cohen, Eminem, Coldplay, ANTI-FLAG, … And You Will Know Us by the Trail of Dead.
HipHop kann nicht jeder. Rappen auch nicht. Eminem kann beides. Wiederholt und seit vielen Jahren. „Music to be murdered by“ ist nicht ein typisch auf dem Computer entstandenes HipHop-Album. Hier ein paar Beats und da mal kurz drüber genuschelt. Nein. „Music to be murdered by“ klingt echt. Irgendwie nach Bedeutung. Die Beats sind an Lässigkeit und Seriosität nicht zu überbieten. Eminems Flow ist nach wie vor der beste. Jedes Wort sitzt. Jede Pause klingt wie ein Instrument. Musikalisch betreibt Eminem auch kein großes Versteckspiel. „Music to be murdered by“ ist ziemlich schnell als düsteres, mürrisches Album identifizierbar. Da ist wenig Hoffnung und erst recht kein Ausweg. Man könnte es kaum abgedroschener formulieren als: Ja, Eminem ist schon sehr lange reifer geworden und ja, so macht HipHop Spaß. (Interscope)
Auch wenn Coldplay auf „Everyday Life“ schon versuchen, mal anders zu sein, bleiben sie eben doch der kleinste gemeinsame Nenner der Popmusik. Dabei denkt man sich bei vielen Klassikern der Radio-Band schon, wäre da nicht mehr drin? Weniger Stadion-Pathos, mehr Klumpigkeit und Holzfällerhaltung? Nun gut. Ist wohl eher nicht zu erwarten. „Everyday Life“ hat schöne Streicher (Church), stilisierte Dynamik (Trouble in Town) und tolle Akustikgitarren. Doch das reicht eben nicht aus, um den teils schwülstigen Popkleister komplett aus den Haaren zu bekommen. Da hilft auch der exzellente Gospelchor (BrokEn) wenig, denn ganz ehrlich: Das will man doch von Coldplay nicht hören. Ich will ja von Bon Jovi auch keinen Dancefloor hören. So bleibt „Everyday Life“ ein normales, leicht extravagantes Coldplay-Album, das man mögen kann. Dem man hier und da tatsächlich eine gewisse Kantigkeit attestieren mag (Cry Cry Cry), die aber dann auch schon wieder nicht nötig gewesen wäre. Obwohl es mit der Zweiteilung (Sunrise/Sunset) ein wenig Richtung Konzeptalbum gleitet, vermisst man einen roten Faden. Schmerzlich. (Parlophone).
… And You Will Know Us by the Trail of Dead werden einfach immer eine großartige Rockband bleiben. Allein schon, weil Conrad Keely und Jason Reece seit vielen Jahren regelmäßig Qualität abliefern. „X: The Godless Void And Other Stories“ rammt sich wuchtig in die Magengegend. Spielt mit Popelementen. Wälzt sich ausgiebig im Progrock, erklärt dem Nachwuchs, was „alternativ“ bedeutet (Something Like This) und macht erst gar nicht den Versuch, irgendwem in den Kram zu passen. Und obwohl man durchaus behaupten könnte, dass man alle diese Riffs, die uns … And You Will Know Us by the Trail of Dead da präsentieren, sicher auch woanders schon gehört hat, schaffen sie es spielend, uns diese Riffs als neu und frisch zu verkaufen. Einfach grandios, mit welch eleganten Lustlosigkeit sie elegische Refrains hinausposaunen. Wie charmant sie wechseln. Zwischen smarten Instrumentalteilen und wirklich bedeutsamen Strophen. „Don’t Look Down“ wanzt sich ziemlich unverhohlen an die Popmusik der 80er ran und könnte auch ein Bowie-Song sein. Schön. (Insideoutmusic)
Wenn sonst recht wenige Musiker gegen Donald Trump brüllen, dann muss eben die Punk-Kavallerie ran. Die ewigen ANTI-FLAG geben auf „20/20 Vision“ alles. Musikalisch, textlich, kritisch. Das ist schnell, kurzweilig und immer auf die Glocke. Schade, dass „20/20 Vision“ nach ungefähr 30 Minuten zu Ende ist. Aber so ist Punk. (Spinefarm)
Leonard Cohen verstarb 2016. Das Album „Thanks for the Dance“ ist aber kein Aufguss alter Versionen oder neugemasterter B-Seiten. Es sind tatsächlich neun neue Songs! Songs, die aus Cohens letzter Arbeitsphase stammen. Sein Sohn Adam Cohen hat die Songs nun zu Ende gebracht und vollendet. Es gäbe zur Entstehung des Albums sicher viele Geschichten zu erzählen. Vielleicht sollte man sich „Thanks for the Dance“ aber auch einfach nur anhören und seine eigene Geschichte dazu erfinden. Es lohnt sich. (Columbia Legacy)
Der Vollständigkeit halber zu erwähnen sind noch Snow Patrol und ihr Album „Reworked“. Ein Album, das die brillanten Rocker mit der Handbremse als kleine Werkschau (Hits im neuen Gewand) plus drei neue Songs anbieten. Acht Millionen verkaufte Alben können da nicht lügen. „Reworked“ ist definitiv einen Versuch wert, weil Snow Patrol tatsächlich an ihren alten Songs gearbeitet haben. Nett. (Polydor)