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Von Rockmusik und Psalmen

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Neuveröffentlichungen der Popbranche im Dezember
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The Gracious Few – The Gracious Few | Therapy? – We’re here to the end | Triggerfinger – All this dancin’ around | Andreas Kümmert – Smilin’ in Circles | Trapt – No Apologies | Sodom – In War and Pieces | Das Wasser des Lebens – Das Psalmenprojekt

Pünktlich zum Jahresausklang verausgabt sich die phonetische Szene mit bemerkenswerten Veröffentlichungen. Überraschend wie eindrucksvoll ist an erster Stelle The Gracious Few zu erwähnen. Einmal, weil die Band aus ex-LIVE-Mitgliedern (Chad Taylor, Patrick Dahlheimer und Chad Gracey) sowie ex-CANDLEBOX-Strategen (Kevin Martin und Sean Hennesy) besteht. Und dann, weil The Gracious Few auf „The Gracious Few“ nicht lang rumsülzen, sondern zur Sache kommen. Riffrock mit latenter Tendenz zur Massenkompatibilität. Was den Gesamteindruck nicht schmälert. Ein Album der alten Schule. Ohne weiteren Kommentar empfehlbar. Hörhinweis: Honest Man, The Rest of you.

Was beim Livealbum von Therapy? „We’re here to the end“ wie eine Drohung klingt, entpuppt sich letztlich als schenkbare Musikbio der letzten 20 Jahre Therapy?. Ein Längsschnitt, ge-spickt mit Highlights und fast vergessenen Songs. Authentische Rockmusik ohne Kommerzanspruch. Darf man nicht vergessen. Hörhinweis: alles.

Die belgische Rockband Triggerfinger hatte sich vor kurzem noch mit einer EP vorgestellt. Laut, dreckig, gemein und fies war der Sound. Was das Trio darüber hinaus zu bieten hat, wird auf „All this dancin’ around“ klar. Nicht viel mehr. Und das ist schätzenswert. Hardrock, der bluest. Riffs, die bluten. Dass drei Leute so viel positives, rauhbeiniges und energetisches Unheil anrichten können, ist dann doch eine bedeutsame Erfahrung. Über weite Strecken „gemeingefährlich“. Das Album. Hörhinweis: Tuxedo, Feed me.

Andreas Kümmert ist ein bayerischer Sänger. Und Songschreiber. Seine EP „Smilin’ in Circles“ verweilt in ernsten wie nachdenklichen Tönen. Geprägt von harmonischen, durchdachten Gitarren. Weil Andreas Kümmert aber gar nicht erst versucht, das oft unvermeidliche Moralpedal des Songwriters zu drücken, gestaltet sich die EP als Gewinn. Man hört ihm gern zu. Und nimmt ihm jeden Ton ab. Gelungen. Hörhinweis: Blinkin’ conversation.

Breitseite ist untertrieben. Trapt aus Kalifornien, dort aus dem Süden, gehen bis Anschlag Bodenblech. „No Apologies“ rast mit einer beängstigenden Lautstärke und Kompaktheit aus den Boxen. Die Gitarren messerscharf akzentuiert, der Gesang schreit und erleichtert, die Songs taumeln und steigen. Aber stets so, dass man sich nicht überfordert fühlt. Das ist gewiss nichts Neues. Aber genügsam wie perfekt präsentiert. Trapt haben ihren Sound selbst in den Ecken poliert. Nicht unter 16 Jahrens zu empfehlen. Hörhinweis: Drama Queeen, Are you with me.

Und weil Weihnachten eher die idyllische Zeit einläuten soll, darf man das neue Album „In War and Pieces“ der deutschen Thrash-Metal-Band Sodom schon mal als Gegenstück erwähnen und präsentieren. Warum? Weil Sodom seit Jahrzehnten unbeirrt ihr Ding durchziehen. Klartext sprechen. Kein Gewäsch von „alles sollte eigentlich und wenn möglich anders werden“. Die Jungs legen den Finger in die Wunde. Dass die musikalische Begleitung der Gesellschaftskritik Geschmackssache ist, mag sein. Aber „Drei Griffe“, Bob Dylan ist ja musikalisch auch kein Burner. Hörhinweis: mal lieber alles.

Wer dann für Sodom seine leisetreterischen Eigenschaften lieber nicht verraten will, dem kann biblisch geholfen werden. „Das Wasser des Lebens“ – Das Psalmenprojekt fängt die  Poesie des Alten Testaments ein. Gesprochen von Xavier Naidoo, Moses Pelham, Patrick Nuo und vielen anderen Sängerinnen und Sängern. Anschließend nachvertont. Mit atmosphärischen Kompositionen von George Garcia, dem es gelungen ist, die Wärme der vor 3.000 Jahren entstanden Gebete, Gedichte und Lieder zu bewahren und sich nicht in Effekthascherei oder elektronischem Kalkül zu verlieren. Äußerst hörenswert. Auch für die Kids. Hörhinweis: komplette Empfehlung.

Diskografie

  • The Gracious Few – The Gracious Few (5.11.10, earMusic)
  • Therapy? – We’re here to the end (5.11.10, DR2 Music)
  • Triggerfinger – All this dancin’ around (14.01.11, Excelsior Recordings)
  • Andreas Kümmert – Smilin’ in Circles (ab sofort erhältlich)
  • Trapt – No Apologies (19.11.10, Eleven Seven Music)
  • Sodom – In War and Pieces (19.11.2010, SPV)
  • Das Wasser des Lebens – Das Psalmenprojekt (3.12.10, SCM Hänssler)

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