Hauptrubrik
Banner Full-Size

Warme Musik in eisigen Zeiten

Untertitel
Popularmusik: Neuerscheinungen kurz vorgestellt
Publikationsdatum
Body

Den bitterkalten Zeiten lässt sich trotzen. Allein schon Bruce Springsteens neue Platte vermag die Heizkosten zu reduzieren. Mit „Magic“ meldet sich Bruce Springsteen, unser „Boss“, samt E-Street Band zurück. Eine Zustandsbeschreibung Amerikas ist ihm gelungen, die scheinbar einfach aber doch treffsicher in Lied und Text umgesetzt wurde. Springsteen, der „Anwalt des Mittelstands“, hat sich sein Amerika in zwölf Nummern vorgeknöpft und den Finger schonungslos in alle gesellschaftliche Wunden gelegt, die jene Zeit zwischen Bushs Ausscheiden und dem Vakuum der kommenden Präsidentschaft aufwirft. Dabei geht er von knallhartem Riffrock (Radio Nowhere) bis zur emphatischen Ballade (Your own worst enemy) in typischer Spring-steen Manier vor, erfindet sich und seine E-Street Band nicht neu, setzt aber gekonnt zeitgemäße Akzente. Ein Album, das definitiv zu seinen ganz guten gehören wird (www.brucespringsteen.net

Eine traurige Geschichte: Ein junger, ambitionierter Amerikaner rebelliert 1992 gegen die Gesellschaft, will sich auf die Natur besinnen und beschließt, sich alleine in Alaska durchschlagen. Er verbrennt sein letztes Bargeld, bricht alle Kontakte ab und geht nach Fairbanks. Vier Monate später wird er tot, weil verhungert, aufgefunden. Sean Penn hat diese wahre Geschichte (Buch: In die Wildnis, Autor Jon Krakauer) nun verfilmt und Pearl Jam Sänger Eddie Vedder gebeten, den Soundtrack zu gestalten. „Into the Wild“ enthält großartige, emotionale Musikstücke, die Freiheit, Freude, Gefahr, Liebe oder Unsicherheit prägnant musikalisch beschreiben und erfassen. Die Geschichte geht musikalisch unter die Haut, wenngleich manche Stücke nur zwei Minuten dauern, deren abruptes Ende allerdings umso mehr Wirkung erzielt. Musik, die Eddie Vedder weit entfernt von Pearl Jam zeigt, aber durch dessen Stimme und kompositorischen Mut beweist, warum Sean Penn ihn als Songschreiber (nach „Dead Man Walking“ und „I am Sam“) wieder einmal engagiert hat (www.intothewild.com

Nachdem nicht nur The Hives vom Retro-Trend profitierten, beginnt nun die Phase, in der sich jene „wir klingen so wie“-Bands mit ihren Alben manifestieren müssen. Es ist ihr viertes Album und sieh an: The Hives spielen zwar auf „The Black and White Album“ noch im verkappten Mod-Style der ersten Alben, haben sich aber einen Weg erspielt, der kontentreicher klingt als die Alben zuvor. Hip Hop-Produzent Pharell hatte als Begleiter die Hände im Spiel und eine neu gewonnene Frechheit sowie eine akustische Veränderung ist wahrzunehmen. War es früher ein schwammiges Rock’n’Roll-Gewäsch, sind diesmal durchaus akzentuierte Instrumente zu vernehmen. Das entstaubte Songwriting der Schweden erlaubt das, so dass ein strukturiertes Album mit hochmodernem Sound und einer gewissen Cleverness entsprang. Moderner Rock’n’Roll in antikem Ambiente. Sehr gelungen (www.hives.nu

Fish, der ehemalige Marillion Sänger, meldet sich mit neuem Album „13th Star“ zurück. Leider aus unangenehmem Anlass: Während der Albumproduktion verließ ihn seine Lebensgefährtin, kurz vor der avisierten Hochzeit. Seine Gefühlswelt nach diesem Ereigniss hat Fish in ein spannendes wie emotionales Album gesteckt. Songs, die knistern. Balladen, die dampfen. Elegische Rockmusik ohne Zaudern. Zweifellos ein vollkommenes Werk, das man tagelang und ohne Abnutzungserscheinungen hören kann. Hinweis: Die aktuelle Albumversion mit DVD kann man nur per Mailorder unter www.the-company.com erwerben. Das Album ohne DVD gibt es in Deutschland erst ab Januar 2008. Dafür kommt Fish im Oktober und November auf Deutschland-Tour. Zeitgleich zur Europatournee erscheint übrigens eine Fish Doppel-Live CD namens „Communion“ mit 19 Songs, die 2006 in der „St. Mary’s Church“ in Haddington, England, mitgeschnitten wurden. Dabei gibt es bisher live Ungespieltes zu hören. Für eine Revitalisierungs-Kur bezüglich des Ausnahmemusikers Fish sind damit alle Zutaten bereitet. Möge es schmecken.

– Magic (02.10.2007, Columbia)
Eddie Vedder – Into the Wild (22.09.2007, J Records)
The Hives – The Black and White Album (12.10.2007, AM Records)
Fish – 13th Star (12.10.2007 bzw. Januar 2008, Chocolate Frog Records)
Fish – Communion (12.10.2007, Chocolate Frog Records)

Weiterlesen mit nmz+

Sie haben bereits ein Online Abo? Hier einloggen.

 

Testen Sie das Digital Abo drei Monate lang für nur € 4,50

oder upgraden Sie Ihr bestehendes Print-Abo für nur € 10,00.

Ihr Account wird sofort freigeschaltet!