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„Jelek, játékok és üzenetek“ („Signs, Games and Messages“)
„Jelek, játékok és üzenetek“ („Signs, Games and Messages“)
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Wenn das Schwierigste plötzlich leicht wird

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Neue Musik auf neuen CDs · Vorgestellt von Max Nyffeler
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Neue Musik mit Werken von Susanne Stelzenbach, Ewelyna Nowicka, György Kurtág, György Ligeti und Chris­tian Wolff auf CD.

Einen Rückblick auf das Golden Age amerikanischer Nachkriegsavantgarde bietet die Wiederveröffentlichung einer alten LP mit Werken von Chris­tian Wolff. Hochkarätige Interpreten aus dem Cage-Umkreis sind am Werk. Die frühen Klavierstücke „For Piano“ und „For Pianist“, Beispiele einer amerikanischen Variante von „punktueller Musik“, werden von David Tudor und Frederic Rzewski mit trockener Brillanz und hochgradig differenzierter Anschlagskultur gespielt. Im Ensemblestück „Burdocks“ von 1971 hört man neben den beiden Pianisten auch David Behrman, Gordon Mumma und den Komponisten selbst. Die Aufnahme strotzt vor Geistesblitzen – die Mischung von hoher Professionalität und einigen bewusst simplen Instrumenten macht’s. Wolffs raffinierte Interaktionsmodelle richten sich wie die klassische Kammermusik mehr an die Interpreten als an ein Publikum, sind aber dank des Erfindungsreichtums und des Spielwitzes der Musiker auch für die Zuhörer ein Erlebnis. (Wergo 6777 2)

Wie György Kurtág die Musik in feinsten Nuancen zum Sprechen bringen kann, lässt sich am besten in seinen Solowerken beobachten. So auch in der Sammlung von Bratschenstücken „Jelek, játékok és üzenetek“ („Signs, Games and Messages“), die seit 1989 ständig wächst. Jedes Stück hat seinen eigenen Charakter, Vergrübeltes steht neben schmerzhaften Ausbrüchen, intensive Klage neben abstrakten Klangzeichen. Kim Kashkashian erfüllt auch noch das kleinste Detail mit Leben und zeichnet die Klangrede in leidenschaftlichen Bögen nach. Ein souveräner Umgang mit der Zeit prägt ihr Spiel auch in der Sonate für Viola solo von György Ligeti. Die komplexen Rhythmen erhalten plastische Gestalt, jede minimale Tonhöhenveränderung wird zum Ereignis, das Schwierigste wirkt plötzlich leicht. Eine bessere Interpretation der beiden Werke ist nicht denkbar. (ECM 476 4729)

Die 30-jährige Danzigerin Ewelyna Nowicka ist in der komfortablen Lage, als ausgezeichnete Instrumentalistin ihre Werke für Violine selbst aufführen zu können. Mit energischem, manchmal etwas metallenem Ton verleiht sie ihren rhythmisch gespannten Kompositionen Kontur, ein großes Reservoir an Artikulationsarten sorgt für klangliche Differenzierung. In „Kaddish 1944“, einer Erinnerung an ihre nach Auschwitz deportierte Großtante, und in „Concerto ebraico“ klingt polnisch-jüdisches Erbe nach. Im Spannungfeld von frei ausschwingender Melodik und straffer Motorik entfaltet die Musik ihre Kräfte. Zwar überschreiten die Verarbeitungstechniken nie den Rahmen des Solid-Handwerklichen, doch die Gradlinigkeit und unverstellte Vitalität vermögen für sich einzunehmen. (kreuzberg records 10107)

Mit Werken für ganz unterschiedliche Kleinbesetzungen präsentiert die Berliner Komponistin Susanne Stelzenbach einen Querschnitt durch ihr Schaffen der letzten zwölf Jahre. In den motivischen Streuwirkungen und Farbkombinationen zeigt sich eine Vorliebe für Ambiguitäten. In „kunst“ nach Worten von Robert Schumann nähern sich Vokalisten und Instrumente im Duktus einander an, das sehr nahe aufgenommene Streichquartett „haut“ klingt stellenweise nach musique concrète. Dass die Komponistin Erfahrung mit Elektronik hat, verraten die früheren der acht Werke. Sie mischen auf einfache, aber suggestive Weise Sprache und Gesang mit elektronischen Geräuschen oder tauchen gleich ganz in die virtuelle Welt ab. (kreuzberg records 10109) 

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