Musik von Brian Ferneyhough, Thomas Bruttger, Erkki-Sven Tüür, Iannis Xenakis und John Adams
Mit trockener Präzision und schneidend scharfer Tongebung spielt das australische Elision Ensemble vier Stücke für Soloinstrument und Ensemble sowie ein Gitarrenduo von Brian Ferneyhough. Die Konturen dieser konsequent durchkonstruierten und zugleich hoch energetischen Musik treten damit wie unter dem Scheinwerferlicht hervor. Gefährlich blitzend das Ineinander von Violine und Ensemble in „Terrain“, von schwindelnder Brillanz das Klarinettensolo in „La chute d’Icare“. Im Concertino „Les froissements d’ailes de Gabriel“, einer Auskoppelung aus Ferneyhoughs Oper „Shadowtime“, sind die beiden Sologitarren dicht in die farbigen Texturen des Ensembles verwoben. Zerebrale Virtuosität und Körperlichkeit des Klangs gehen eine faszinierende Verbindung ein. (Kairos 0013072)
Trotz der vielen eindrucksvollen Resultate, die das heutige Komponieren hervorbringt – wer glaubt, das wahre Leben spiele sich nur in der Neuen Musik ab, wird durch die CD von Transit Room eines Besseren belehrt. Die Berliner Gruppe um den Bassisten Andreas Waelti, junge Musiker aus Deutschland, Frankreich, Norwegen und der Schweiz, musiziert an der Grenze von Improvisation und Komposition, mit blitzgescheit arrangierten Themenkomplexen, entspannten Kollektiv-Klangmalereien und inspirierten Soli. Das läuft dann eben unter „Jazz“, was durch das sichere rhythmische Empfinden unterstrichen wird, das den Eigenkompositionen bis in die subtilsten Klangprozesse hinein Halt und Struktur gibt. Von der musikalischen Intelligenz und Vitalität dieser Klangerfindungen könnte sich mancher E-Komponist eine Scheibe abschneiden. (Jazz thing, Next Generation Vol. 32, DMCHR 71082)
Mit seinem Dreiakter „Nixon in China“ über die historische Begegnung des amerikanischen Präsidenten mit Mao Zedong im Jahr 1972 schuf John Adams 1987 den erfolgreichen Prototyp der modernen Doku-Oper. Das Werk, das nun in einer exzellenten Neuproduktion der Opera Colorado auf CD erschienen ist, wirkt heute selbst schon ein wenig historisch. Die orchestralen Strickmuster aus der Blütezeit des Minimalismus gehen beim reinen Hören auf Dauer etwas auf die Nerven. Eine Stärke des Werks liegt in den schillernden Dialogen im Libretto von Alice Goodman, die Adams zu einem spannungsreichen, strikt wortgebundenen Konversationston inspiriert haben. Hinter den Polit-Chargen werden Menschen sichtbar, die zwischen Unsicherheit und Hoffnung, Vertraulichkeit und Verschlagenheit schwanken – große Politik als Pokerspiel, in dem zwei Welten sich miteinander messen. (Naxos 8.669022-24)
Auf einer Doppel-CD präsentiert das Freiburger Ensemble Aventure einen Querschnitt durch das Schaffen von Thomas Bruttger. Der Komponist, der Nicolaus A. Huber und Iannis Xenakis zu seinen Lehrern zählt, schreibt eine Musik, die viel erzählt, ohne je ihren autonomen Anspruch preiszugeben. Auch wenn einiges etwas traktathaft materialbezogen wirkt, so dominiert doch insgesamt ein frischer, lebendiger Eindruck: Klänge, die einen unmittelbar ansprechen oder sachte ihren Weg durch die Stille suchen, überraschende Kontraste und ein Zeitempfinden, das erlaubt, den gegenständlichen Klang gleichsam von allen Seiten detailliert zu studieren. (Ars Musici 232 827)
Das sonic.art Saxophonquartett, Preisträger des ARD-Musikwettbewerbs 2008, brilliert mit Werken von Xenakis bis Olga Neuwirth. Die für Saxophon arrangierten Bagatellen von Ligeti spielt das Ensemble mit feinster klanglicher Abstimmung, die „Lamentatio“ von Erkki-Sven Tüür beginnt mit einem entmaterialisierten Tongemisch, das aus dem Nirgendwo hereinschwebt. Kennzeichen des Ensembles ist eine hoch entwickelte Klangkultur, was bis in die dissonant gezackten Akkordfolgen von Xenakis’ „XAS“ hörbar bleibt. (Genuin GEN 10164)