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Katharina Rosenberger CD.
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Zwischen den Zeiten

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Neue CDs neuer Musik, vorgestellt von Dirk Wieschollek
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Nun hat Katharina Rosenberger in enger Zusammenarbeit mit den Neuen Vocalsolisten Stuttgart ein zeitenübergreifendes A cappella-Theater in Auseinandersetzung mit frankoflämischer Vokalpolyphonie entworfen +++ Ebenfalls in engem Kontakt mit der musikalischen Vergangenheit, allerdings auf eine sehr subtile Art und Weise, stehen die Cello-Stücke von Ivan Fedele +++ Georg Katzer und Friedrich Goldmann

Begegnungen von zeitgenössischer Komposition und alter Musik sind seit längerer Zeit keine erwähnenswerte Besonderheit mehr. Bisher fanden entsprechende Dialoge meist im Modus der Instrumentalmusik statt, nun hat Katharina Rosenberger in enger Zusammenarbeit mit den Neuen Vocalsolisten Stuttgart ein zeitenübergreifendes A cappella-Theater in Auseinandersetzung mit frankoflämischer Vokalpolyphonie entworfen. Eigenkompositionen werden mit Madrigalen von Adrian Willaert und Cipriano di Rore in einer genau aufeinander abgestimmten Dramaturgie zu einem vielschichtigen Erzählraum mit Texten von Petrarca (zwischen Mt. Ventoux-Besteigung und Liebeslyrik) verbunden: „tempi agitati“ (2016). Das ist in mobilen Kommunikationssituationen der Sänger*innen eigentlich szenisch gedacht und hier somit nur eingeschränkt darstellbar. Aber auch auf rein klanglicher Ebene kommt dieses vokale Umkreisen der madrigalesken Dauerbrenner von Liebe und Leid, Sehnsucht und Tod mit gehöriger Intensität daher. Spielerisch löst Rosenberger dabei eine vokale Affekt-Rhetorik auf in stotternde Dekonstruktionen von Rhythmus und Sprache oder mikrotonal irisierenden Raumklängen („Inaugurazione dello spazio“). Dass einem da vieles in der vokalexperimentellen Transformation emotionaler Sprunghaftigkeit aus Partituren von Salvatore Sciarrino und Lucia Ronchetti nicht unbekannt vorkommt, schmälert Rosenbergers theatralen Zugriff auf die lyrischen Befindlichkeiten des 16. Jahrhunderts aber keineswegs. Die Stücke von Willaert und di Rore fungieren dabei als Momente der Besinnung in einem Kontext elementarer Unruhe. Selten hat man Gelegenheit zu hören, wie schön die Neuen Vocalsolisten alte Musik singen. (mode)

Ebenfalls in engem Kontakt mit der musikalischen Vergangenheit, allerdings auf eine sehr subtile Art und Weise, stehen die Cello-Stücke von Ivan Fedele. An der Oberfläche suchen sie den Dialog mit barocken Tanz-Formen wie „Suite“ und „Partita“, unterschwellig mit Allusionen und Gesten berühmter Vorgänger-Kompositionen für Solostreicher. Es wundert nicht, dass Johann Sebastian Bach hier regelmäßig als historischer Schatten umhergeistert, augenblickshaft und kaum greifbar, vor allem in der „Suite Francese VI“ (2018), die hier gleich nochmal in einer elektronisch verräumlichten Version eingespielt wurde. Das bringt vor allem in der verzerrten „Passacaglia“ ganz neue, abgründige Perspektiven ins Spiel. Lange hat man nicht mehr, der beeindruckenden Ausdifferenzierung von Michele Marco Rossi sei Dank, eine Musik für Violoncello solo von solcher Prägnanz, Intimität und Spannung gehört. Das gilt auch für die „Suite Francese III“ (2010) mit ihren diffizilen Obertonspektren und die schroffere „Partita“ (2019), deren Sätze unter anderem Pierre Boulez und Henry Dutilleux gewidmet sind. (Kairos)

Dass die Neue Musik der ehemaligen DDR aufgrund der staatlichen Restriktionen den künstlerischen Entwicklungen ihrer Zeit grundsätzlich hinterherhinkte, ist ein verbreitetes Vorurteil, das immer wieder nachhaltig erschüttert wird, sobald man sich mit ihr beschäftigt. Das wird in dieser energiegeladenen Einspielung des Münchener Kammerorchesters mal wieder sehr deutlich, die zwei Protagonisten der progressiven ostdeutschen Musikszene in den Blick nimmt: Georg Katzer und Friedrich Goldmann. Interessanterweise klingen die im „Arbeiter- und Bauernstaat“ entstandenen Stücke oft gewagter und avancierter als diejenigen nach dem Mauerfall. Katzers „Streichermusik 1“ (1971) ist eine klanglich beeindruckend intensive Komposition auf der Höhe der Zeit und alles andere als systemgerecht. Perkussive Geräusch-Felder wechseln mit düsteren Streicherflächen und wuchtigen Klang-Entladungen. Eine echte Entdeckung! Weitaus gemäßigter geben sich die späteren „Drei Klangreden“ (2004) und knüpfen an Sprachmodelle traditioneller Orches­terrhetorik an. Friedrich Goldmanns Ensemblestück „… fast erstarrte Unruhe … 2“ (1992) beginnt als tastende Klangsuche, dann verfestigen sich expressive Chiffren und rhythmische Muster zu klanglichen Fossilien, um in heiteren Pseudo-Zitaten zu enden. Wer hier einen zynischen Kommentar zu den ersten Wendejahren erkennen mag, liegt vielleicht nicht ganz falsch. (Neos) ¢

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