Als im vergangenen Jahr der Film „Pianomania“ in die Kinos kam, ereignete sich Erstaunliches: Plötzlich schienen sich Fernsehsender und Frauenzeitschriften für das Thema Klavierklang und dessen technische Beschaffenheit zu interessieren. Die nun vorliegende DVD-Edition gibt noch einmal Gelegenheit, diesem Phänomen nachzugehen.
Gewiss, Robert Cibis und Lilian Franck ist es gelungen, durch ein Porträt des Klaviertechnikers Stefan Knüpfer das Ringen um den idealen Ton sinnlich zu vermitteln. Genau genommen hätte aber eine Konzentration auf die Arbeit mit Pierre-Laurent Aimard und auf dessen sehr spezielle, innerhalb des Stücks variierende Klangvorstellungen für seine Aufnahme von Bachs „Kunst der Fuge“ einen viel intensiveren und interessanteren Film ergeben. Doch dann hätte man nicht mit Lang Lang und Alfred Brendel werben können, deren Auftritte in diesem Zusammenhang aber wenig zur Substanz beitragen. Auch wäre es schön gewesen, wenn einige der technischen Informationen, die Auskunft darüber geben, was Knüpfer da eigentlich konkret macht, wenn er im Instrument schraubt, klopft und sticht, auch im Film ihren Platz gefunden hätten. So sind sie zumindest im Bonusmaterial der DVD enthalten, zusammen mit (zu Recht) entfallenen Szenen und kurzen Bach-Ausschnitten mit Aimard (Farbfilm Home Entertainment/Lighthouse 28406925).
Eine andere faszinierende musikdokumentarische Idee hat einmal mehr Jan Schmidt-Garre realisiert. Er begleitete ein Stück weit den Entstehungsprozess des 2007 uraufgeführten Violinkonzerts, das Sofia Gubaidulina für Anne-Sophie Mutter komponierte. Wunderbar hat er dabei die diametral entgegengesetzten Künstlerpersönlichkeiten eingefangen: Hier die bescheidene, innerlich glühende und um das Werk ringende Komponistin in ihrem Arbeitszimmer, dort die glamouröse Stargeigerin, die selbst beim häuslichen Üben perfekt gestylt antritt. Gut gelöst sind außerdem die Zusammenschnitte von Kommentaren zu bestimmten Stellen mit exakt mitzuverfolgenden Partiturausschnitten und den entsprechenden Proben-Momenten. Schade nur, dass Dirigent Simon Rattle nicht zu Wort kommt und dass der inhaltlich interessanteste Kommentar Gubaidulinas nur im Booklet abgedruckt ist („Sophia, Biography of a Violin Concerto“, Arthaus 101 545).
Einen dankbaren Porträtgegenstand gibt auch Steve Reich ab. Bereitwillig und gut nachvollziehbar gibt er in Eric Darmons und Franck Mallets Film „Steve Reich: Phase to Face“ (Ideale Audience/Naxos 30581289) Auskunft über zentrale Stationen seines Schaffens. Zusammen mit längeren Werkausschnitten ergibt das eher ein musikalisch illustriertes Interview, das somit atmosphärisch nicht an die Filme aus der Juxtaposition-Serie (siehe nmz 2/2006, 7/2007 und 4/2008) heranreicht.
Das ist freilich allemal besser als das, was Silvia Beck über Michael Nyman anzubieten hat. Zu sehen ist ein betulich aus dem Off kommentiertes Starporträt, bei dem neben dem Meister vor allem Mitglieder seines Ensembles zu Wort kommen. Das Thema Filmmusik wird nur oberflächlich mit längeren Ausschnitten aus „Das Piano“, „Der Unhold“ und „Der Kontrakt des Zeichners“ behandelt, wobei Regisseur Volker Schlöndorff nur mit einem kurzen Statement, Peter Greenaway aber, auf den es wirklich angekommen wäre, nicht vertreten ist. Fans wird es immerhin freuen, dass die zweite DVD den kompletten Mitschnitt eines Auftritts der Michael Nyman Band in Halle enthält („Michael Nyman – Composer in Progress“, 2 DVDs, Arthaus 101 526).
Nur phasenweise überzeugt auch Eric Schulz’ Annäherung an das Enigma Carlos Kleiber. Er ist dabei fast vollständig darauf angewiesen, ob die befragten Weggefährten wirklich etwas zur Klärung des Nebels beitragen, der den Dirigenten umgibt. Mit Brigitte Fassbaender, Michael Gielen, Manfred Honeck und Klaus König gelingt dies zum Teil. Das zugrunde liegende, von den Gesprächspartnern kommentierte Material (der bei Arthaus vorliegende Stuttgarter Probenmitschnitt von 1970) ist als Basis allerdings zu dünn, auch tritt gegen Ende die Tendenz zur Hagiographie endgültig in den Vordergrund („Carlos Kleiber. Traces to Nowhere“, Arthaus 101 553).
Ein weiterer Film von Jan Schmidt-Garre konzentriert sich darauf, wie Sergiu Celibidache mit den Münchner Philharmonikern das Adagio aus Bruckners Neunter einstudiert (Arthaus 101 555). Für Partiturleser sind hilfreiche Taktangaben eingeblendet, dazwischen geschnitten sind einige berühmte Bonmots aus Schmidt-Garres Celi-Dokumentation, den dieser Film sinnvoll ergänzt.
Keine Künstlerbiographie, keine Tangolektion, dafür aber ein wunderbarer Film über den Bandoneonisten Rodolfo Mederos ist Gabriel Szollosy gelungen („A Different Way. Tango with Rodolfo Mederos“, EuroArts/Naxos 2058378). Die Reflexionen des Musikers nähern sich dem Tango mit intuitiver Poesie, für sich sprechen dazu komplette Musiknummern, die Mederos als brillanten Instrumentalisten, inspirierten Komponisten und engagierten Mentor junger Tangomusiker zeigen. Für Fernwehgeplagte.