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Vasily Barkhatovs Frankfurter Inszenierung von Peter Tschaikowskys Die Zauberin (Charodéyka)

Vasily Barkhatovs Frankfurter Inszenierung von Peter Tschaikowskys „Die Zauberin“ (Charodéyka)

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Beglücktes Erstaunen

Untertitel
Opern-Raritäten von Rossini bis Busoni auf DVD/Blu-ray
Vorspann / Teaser

Peter Tschaikowskys „Die Zauberin“ +++ Carl Nielsens „Maskerade“ +++ Ferruccio Busonis „Doktor Faust“ +++ Francesco Cileas „Gloria“ +++ Gioachino Rossinis „Le Siège de Corinthe“

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Diese nicht nur ihr Publikum „bezaubernde“ Künstlerin ist der orthodoxen Kirche und dem russischen Establishment ein Dorn im Auge. In Vasily Barkhatovs Frankfurter Inszenierung von Peter Tschaikowskys Die Zauberin (Charodéyka) hat die Witwe Nastasya sich nach unglücklicher Ehe und Fehlgeburt im hippen Kunstbetrieb eine neue Existenz aufgebaut. Inmitten ihrer provokanten, russische Volkskultur ironisierenden Werke feiert sie mit ihrem queeren Freundes- und Kundenkreis lockere Partys. Als zuerst der Fürst und später auch sein Sohn Yuri ihr verfallen, kommt eine von der Fürstin und dem Geistlichen Mamyrow in Gang gesetzte, am Ende drastisch eskalierende Gewaltspirale in Gang. Die Schlüssigkeit, mit der diese Produktion von 2022 die dramaturgischen Probleme von Tschaikowskys wenig gespielter Oper durch eine Aktualisierung auffängt, ist verblüffend. Mit genauer Personenführung gibt sie der sträflich unterschätzten Musik einen szenisch-psychologischen Raum, in dem Valentin Uryupin und das Frankfurter Opernorchester deren Kraft plausibel entfalten können. Dass Asmik Grigorian eine vokal wie darstellerisch gleichermaßen herausragende Nastasya ist, verwundert nicht weiter, doch die Qualität des Ensembles um sie herum – allen voran Iain MacNeil als Fürst Nikita und Alexander Mikhilov als Yuri – lässt einen dann doch mit einem beglückten Erstaunen zurück. (Naxos)

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Vasily Barkhatovs Frankfurter Inszenierung von Peter Tschaikowskys Die Zauberin (Charodéyka)

Vasily Barkhatovs Frankfurter Inszenierung von Peter Tschaikowskys „Die Zauberin“ (Charodéyka)

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Ganz so uneingeschränkt ist eine weitere Frankfurter Rarität leider nicht gelungen. Carl Nielsens geistreiche musikalische Komödie Maskerade wird von Titus Engel zwar mit Sorgfalt und Finesse geleitet, doch gewinnt Tobias Kratzers in der Personenregie gewohnt ausgefeilte, gleichzeitig aber ­etwas unterkühlte Inszenierung erst allmählich an Leichtigkeit. Dafür sollte eigentlich auch die neue Übersetzung von Martin G. Berger sorgen. Nicht allen Sängern des ansonsten sehr guten Ensembles ist es aber gleichermaßen gegeben, diese textverständlich über die Rampe zu bringen. So stellt sich nur selten die erwünschte Unmittelbarkeit des Wortwitzes ein, den man dann doch wieder lesend goutieren muss. Bewundernswert ist Bergers Sprachfantasie aber allemal, und auch seine Selbstironie macht Laune: „Im Ohr macht all das Reimen kille-kille, es ist ein bisschen ville“. (Naxos)

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Seinen ganz eigenen Zugang zum Faust-Stoff hat Ferruccio Busoni mit seiner Oper Doktor Faust gesucht und gefunden. Goethe ein Stück weit ausweichend stützte er sich auf die ältere Puppenspielversion und überformte diese mit seinen ganz eigenen ­Vorstellungen von Musiktheater. Als „modernes Mysterienspiel“ hat der Musikwissenschaftler Antony Beaumont die Oper treffend bezeichnet, es ist jedoch nicht seine längere Rekonstruktion der unvollendeten Partitur, die 2023 beim Maggio Musicale in Florenz zur Aufführung kam, sondern die ältere von Busonis Schüler Philipp Jarnach. Beaumonts Charakterisierung passt aber recht gut zu David Livermores Inszenierung, die sich vor allem auf eine optisch-atmosphärische, maßgeblich von Matteo Richettis eindrucksvollen Breitwandprojektionen lebende Bebilderung verlässt. In diesem Setting ist Faust nur ­einer von vielen gleich gekleideten Männern, die – Busonis Porträt als Maske vor sich haltend – das Ringen des Komponisten symbolisieren. Szenisch ist das auf Dauer mittelspannend, im Verbund mit der musikalischen Umsetzung unter der Leitung von Cornelius Meister und mit Dietrich Henschel in der Titelpartie an der Spitze eines adäquaten Ensembles vermittelt der Mitschnitt aber einen guten Eindruck von diesem komplexen Stück. (Dynamic)

Während im Falle von Busonis Oper der Aufdruck „World Premiere on Video“ irreführend ist (bei Arthaus war einst die Züricher Produktion von 2006 erschienen), stimmt er für Francesco Cileas postveristische Gloria. Das Teatro Lirico di Cagliari hat sich dieses herrlich aus der Zeit gefallenen Mittelalterschinkens mit heiligem Ernst und einer derart konsequent altbackenen Minimalregie (Antonio Albanaes) angenommen, dass es schon wieder eine Freude ist. Vor allem aber packt einen Cileas gekonnt und ungeniert in sämtliche Effektkisten greifende Partitur stärker als erwartet, was nicht zuletzt an Franco Vassallos robustem Tenor, vor allem aber an Anastasia Bartoli in der Titelrolle liegt, die genüsslich in den Orchesterwogen badet. (Dynamic)

Pures Sängerglück auf der Basis eines souveränen Dirigats von Roberto Abbado verströmt Gioachino Rossinis große französische Oper Le Siège de Corinthe in einem Mitschnitt aus Pesaro. Was etwa Luca Pisaroni, Sergey Romanovsky und die alles überstrahlende Nino Machaidze abliefern, ist überwältigend. Die Visualisierung durch Carlus Padrissa und La Fura dels Baus mit glitzernden Wasserkanistern und eingeblendeten Byron-Zitaten macht den Plot zwar nicht spannender, funktioniert aber als szenische Umgebung, in der sich Oper ereignen kann. (C Major)

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