Marius Müller-Westernhagen: Filmklassiker-Edition - Pidax
Was inzwischen immer mehr vergessen wird, die zwei größten „Mega-Stars“ der deutschen Popmusik seit den 80er-Jahren haben als Schauspieler angefangen: Herbert Grönemeyer und Marius Müller-Westernhagen. Und beide verkörperten in der „Wendezeit“ unter Kohl, vor der Wiedervereinigung zwei deutsche Archetypen, den sensiblen „Kumpel“ aus „4630 Bochum“ mit „Flugzeugen im Bauch“ und den Düsseldorfer Tunichtgut, der „mit Pfefferminz“ der Prinz sein wollte, weil es sich so schön reimte. Die Musik war bei diesen „Performern“ eher Zugabe.
Wie die Bühnen-Person „Westernhagen“ entstanden ist, lässt sich nun schön studieren anhand dieser famosen Edition mit sieben TV-Produktionen aus der Zeit vor seinem allergrößten Kinoerfolg „Theo gegen den Rest der Welt“, der ihn 1980 zum Superstar machte. Endlich kann man nun wieder das legendäre „Theo“-Prequel „Aufforderung zum Tanz“ sehen. Entstanden ist diese charmante Verlierer-Komödie 1976, als Müller-Westernhagen bisher zwei durchwachsene Platten für WEA produziert hatte: „Das erste Mal“ und „Bittersüß“. Und eigentlich wollte sich der Sohn eines Schauspielers danach ganz vom Musikgeschäft zurückziehen, aber es kam anders, wie wir wissen. „Kamikaze“, wie der Zocker-Theo hier genannt wird, brachte ihm Glück und viele Anregungen für seine „Prinzen“-LP.
Bereits in den späten Sixties hatte er in Produktionen wie „Der Unfall“ kleine Auftritte gehabt, aber der große Durchbruch kam Mitte der 70er- Jahre in der Horváth-Verfilmung „Sladek oder die Schwarze Armee“. In den Nachkriegswirren des Ersten Weltkriegs schließt sich Sladek einer Gruppe von „Widerständlern“ gegen die Weimarer Republik an. Und er verkörperte diesen merkwürdigen jungen Soldat, der zur Marionette wird, perfekt. Bis 1980 folgen weitere große Rollen in TV-Spielen wie der Malamud-Adaption „Der Gehilfe“, der Dreiecksgeschichte „Geteilte Freude“, „Der Tote bin ich“ (über die Gefahr eines Überwachungsstaates) oder Tankred Dorsts düsterer Wirtschaftswundersaga „Mosch“.
Im Kabarett tritt dort auch ein gewisser Herbert Grönemeyer auf. Aber der befindet sich noch in Warteposition. 1980 ist erst mal „Sekt oder Selters“ angesagt. Im „Theo“-Jahr dürfte das für Westernhagen keine Frage gewesen sein.