Lange hat es gedauert, bis die filmhistorisch so wichtige Version von 1935 auf DVD verfügbar wurde. Wem also das aktuelle aufgemotzte Remake – mit dem kracherten Untertitel „Wehe du singst“! (Universum) – zu knallbunt war, der kann sich nun einen Eindruck verschaffen von der ursprünglichen Gestalt dieser erfolgreichen Erik-Charell-Operette. Wobei die Lage wieder sehr vertrackt ist. Während das Peter-Alexander-Vehikel von 1960 im TV gewissermaßen in „heavy rotation“ läuft und das Bild vom „Weißen Rößl“ für Generationen prägte, war die österreichische Erstverfilmung von 1935 aus dem Bewusstsein vollkommen verschwunden gewesen.
Selbst Willi Forsts liebevolle Filmfassung von 1952 hatte dagegen keine Chance. Der Originalstoff von 1897 war bereits 1926 von Richard Oswald mit Max Hansen als Stummfilm inszeniert worden. Der großartige „butterweiche“ Hansen war dann auch dabei gewesen, als Erik Charell & Ralph Benatzky 1930 den Schwank für das Große Schauspielhaus Berlin in das legendär gewordene „Singspiel“ „Im Weißen Rößl“ verwandelt haben – eine Revueoperette, die neben Brecht/Weills „Dreigroschenoper“ als eine deutsche Version des Musicals gelten mag. Max Hansen jedenfalls vermisst man dann auch schmerzlich in Carl Lamacs Filmfassung von 1935.
Aber ein Jahr nach der Ermordung des österreichischen Bundeskanzlers Dollfuß durch die SS hat dieser Künstler mit jüdischen Wurzeln nicht mehr ins „Bild“ einer „arischen Neubearbeitung“ gepasst, wie der rechte Filmkritiker Fritz Olimsky das Werk interpretiert hat. Stattdessen spukt der schillernde Theo Lingen als Fürst im „Rößl“ herum. Aber diese „antisemitische Stoßrichtung“ greift nicht, wie die Lingen-Biografen Jacobsen & Aurich treffend vermerken: „Dabei scheint der Film selbst alles darauf anzulegen, zu zeigen, dass in die kulturweiche österreichische Welt aus Feiern, Singen und Tanzen alles Deutsche, alles Überdeutliche nicht zu passen scheint.“ Gut zwei Jahre später folgte der „Anschluss“.