Als der britische Regisseur Ken Russell 2011 starb, ging die Meldung fast etwas unter. Und die Nachrufe beschränkten sich vor allem auf seine einstigen „Skandalfilme“ wie „Die Teufel“. Dabei hatte Russell schon in den späten Sixties die definitive D.-H.-Lawrence-Verfilmung („Liebende Frauen“) und ein grandioses Tschaikowsky-Biopic inszeniert.
Mitte der 70er hat er dann mit seinen originellen Pop-Filmen über Mahler und Liszt noch einmal daran angeknüpft. Filme, die man, wenn man will, postmodern nennen könnte und deren Reichtum an Ideen zum Künstlertum oft verdeckt werden von Russells bizarren Phantasien. Wer nun aber zurückkehren will zu seinen „Roots“, dem sei diese vom British Film Institute herausgegebenen Kollektion mit drei seiner Komponisten-Filme aus den 60ern ans Herz gelegt.
Alle drei Filme sind Meisterwerke des britischen Musikfilms: „Elgar“, „The Debussy Film“ und „Song of Summer“ über Frederick Delius. Im reichen Bonusmaterial gibt es Originalaufnahmen von Sir Edward Elgar aus den 30ern. Schon bei der BBC betrieb Russell sein damals bahnbrechendes Spiel mit Facts & Fiction, um der „Wahrheit“ dieser von ihm verehrten Komponisten näher zu kommen.
Während es in seinem Elgar-Film um den Aufstieg des Komponisten geht, konzentriert sich Russell in „Song of Summer“ auf die letzten fünf Jahre von Delius. „Song of Summer“ ist das Schmuckstück des Trios, entstanden 1968, als Russell schon seinen Lawrence-Film vorbereitet hat. Am Ende des bewegenden Films dämmert Delius nur noch vor sich hin. Und Russell zeigt, dass der Komponist an den Folgen der Syphilis gestorben ist, was damals noch kaum bekannt war. Immer wieder geht es bei Russell um die „Psychologie“ dieser Künstler, die ihn so faszinieren. Und er reichert sie mit seinen eigenen Obsessionen an. So betreibt Russell seine ganz eigene Annäherung an diese Komponisten.