Das große filmische Teamwork von Bertolt Brecht und Hanns Eisler ist ein Musterbeispiel für die Filmmusik der späten Weimarer Republik jenseits der Ufa-Tonfilmoperetten von Heymann und Hollaender. 1933 wurde bekanntlich“ die Ufa „entjudet“ und viele der Mitarbeiter wurden ins Exil gezwungen. In diesem Zusammenhang mutet es seltsam an, wenn nach Eislers Rückkehr aus den USA in der DDR Anfang der 1950er zwei antisemitisch konnotierte Begriffe für ihn in den Debatten herumspuken: „Formalist“ und „heimatloser Kosmopolit“. Damals galt der von den Nazis verbotene „kommunistische“ Film „Kuhle Wampe“ in Deutschland noch als verschollen.
Erst 1955 gelang es Regisseur Slatan Dudow aus der Pariser Cinematheque eine Kopie seines Hauptwerks in die DDR schicken zu lassen, wo der Film dupliziert wurde. Und diese Version von 75 Minuten wurde nun endlich 2020 aufwändig restauriert. Über ein Jahrzehnt bevor Eisler mit Adorno im US-Exil sein Buch „Komposition für den Film“ verfasst hat, konnte er mit seinem Score zu „Kuhle Wampe“ bereits viele seiner Ideen verwirklichen.
Zentral ist hier seine Idee vom „dramaturgischen Kontrapunkt“, das Gegenkonzept zum „Mickey-Mousing“ Hollywoods, das er anhand einer Sequenz aus einer „Kuhle Wampe“ so beschreibt: „…wie Musik, anstatt sich in der Konvention der Nachahmung des Bildvorgangs oder seiner Stimmung zu erschöpfen, den Sinn der Szene hervortreten lässt, indem sie sich im Gegensatz zum Oberflächengeschehen stellt. Traurig verfallene Vorstadthäuser, Slumdistrikt (…) Die ‚Stimmung‘ des Bildes ist passiv, deprimierend. Dagegen ist rasche, scharfe Musik gesetzt, ein polyphones Präludium, Mercato-Charakter. Der Kontrast der Musik – der strengen Form sowohl wie des Tons – zu den bloß montierten Bildern bewirkt eine Art von Schock, der, der Intention nach, mehr Widerstand hervorruft als einfühlende Sentimentalität.“ Unentbehrlich.