Korngold: Die tote Stadt. BSO Recordings +++ Offenbach: Barbe-Bleu. Opus Arte
Korngold: Die tote Stadt. BSO Recordings
Warum Simon Stones Deutung von Erich Wolfgang Korngolds jugendlichem Geniestreich „Die tote Stadt“ 2016 Furore machte, konnte man 2019 an der koproduzierenden Bayerischen Staatsoper nachvollziehen und kann dies nun auch anhand des hochwertigen Mitschnitts des hauseigenen Labels. Der Regisseur macht aus der morbiden Geschichte um den seiner verstorbenen Frau Marie mehr als nur nachtrauernden Neurotiker Paul einen modernen Thriller: die ebenso haarsträubende wie berührende Anamnese eines Witwers, den die Bekanntschaft mit der seiner Frau verblüffend ähnlich sehenden Tänzerin Marietta endgültig in eine Psychose treibt. Jonas Kaufmann verkörpert den seelischen Ausnahmezustand der mörderischen Tenorpartie mit einer vokalen Hingabe, die an die Grenzen seiner Möglichkeiten geht – ein beeindruckender Kraftakt. Gesanglich wie darstellerisch gleichermaßen überragend ist Marlis Petersen als Marietta. Wie sie auch stimmlich zwischen sinnlicher Lebensfreude und – als Stimme Maries – morbider Entrückung changiert, ist ein Ereignis. Gleiches gilt für die Sorgfalt, Finesse und Überwältigungskraft, mit der das Bayerische Staatsorchester unter der Leitung des auf Tonträger nach wie vor unterrepräsentierten Kirill Petrenko Korngolds an der Oberfläche luxuriös flirrende, dabei aber in beachtliche Tiefenschichten vordringende Partitur realisiert. Ein Muss.
Offenbach: Barbe-Bleu. Opus Arte
Erholung vom Korngold-Psychothriller verspricht dieser Mitschnitt aus Lyon. Die Inszenierung des Offenbach-Routiniers Laurent Pelly kommt allerdings erst ab dem zweiten Akt so richtig in Fahrt, wenn Erzkomödiant Christophe Mortagne als Roi Bobèche ins Spiel kommt. Auch Héloïse Mas’ kernige Boulotte macht Laune, während bei Yann Beuron in der Titelpartie Luft nach oben bleibt.