Richard Wagner: Parsifal. The search for the Grail; Placido Domingo, Violeta Urmana, Matti Salminen, Feodor Mojhaev u.a., Kirov Chor und Orchester des Mariinsky Theaters, Valéry Gergiev; Regie: Tony Palmer
ARTHAUS 10060010 (1 DVD)
Der Titel ist – trotz ergänzendem Untertitel: Die Suche nach dem Gral – etwas verwirrend, denn nicht eine neue Gesamtaufnahme des „Parsifal“ (die auch schwerlich auf eine DVD passen würde) legt Arthaus Musik vor, sondern einen Film mit Kommentaren, Assoziationen, filmischen Szenen und Ausschnitten einer Aufführung des Mariinsky Theaters in St. Petersburg.
Hitlers Folgen auf die von Wagner selbst intendierte „Parsifal“-Deutung als Rettung des arischen Blutes werden dabei keineswegs verschwiegen, sondern geradezu gespenstisch deckungsgleich wird Wagners Marsch der Gralsritter mit Bildern von Hitlers Triumphzug in Berlin und NS-Trommlern verglichen oder die fanatische Hitler-Begeisterung in Bayreuth mit jener der Gralsritter bei Enthüllung des Gralsgefäßes. Ingmar Bergmans „Das siebte Siegel“, Steven Spielbergs „Indiana Jones“, Harrison Fords „Der letzte Kreuzzug“ und Monty Pythons „Ritter der Kokosnuss“ fügen sich in das Gesamtbild der Deutungsversuche. Weiter verknüpft die sehr britische Mixtur Aufnahmen russisch-orthodoxer Gläubiger beim Abendmahl, verschiedenste Statements mit Szenen aus der abschreckend kitschigen „Parsifal“-Inszenierung des Kirov-Theaters. Geradezu leitmotivischen Charakter erhalten Sequenzen aus Tony Palmers Filmepos „Richard Wagner“ mit Richard Burton, insbesondere Szenen der Dresdener Revolution ergänzt durch filmische „Parsifal“-Spielszenen als Außenaufnahmen in Ravello. Dass bei solcher Vielfalt dennoch ein Kunstwerk eigener Provenienz entsteht, zeigt die Meisterschaft des Regisseurs Tony Palmer. Als Opernführer mit verbindenden und erläuternden Texten tritt Placido Domingo ins Bild. In charakteristischen Ausschnitten mit Violeta Urmana als stimmgewaltiger Kundry, Matti Salminen als erfreulich unpathetischen Gurnemanz, einem um so pathetischeren Amfortas von Feodor Mojhaev und Nikolai Putin als einem dämonischen Klingsor mit überlangen Fingernägeln vermag Domingo als Interpret der Titelpartie stimmlich zu überzeugen, während der Chor des Kirov-Theaters insbesondere mit deutschen Diphtongen seine Schwierigkeiten hat. Als Kommentator verschweigt auch Domingo nicht Wagners antisemitische Deutung, erklärt aber die Intensivierung des Mitleids zur Liebe als treffliche Aussage für unsere Gegenwart, in der – so Domingo – mehr kriegerische Handlungen und rassische Vorurteile ihre Opfer fordern als im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts.